Frage an Thomas Jarzombek von Michael S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Jarzombek,
am 20. Januar 2020 berichtete die Süddeutsche Zeitung über das US-Unternehmen ClearView, das über 3 Milliarden Fotos zur Gesichtserkennung aus dem Netz gesaugt haben soll. In diesem Zusammenhang möchte ich Sie fragen: Wie stehen Sie zum Einsatz automatischer Gesichtserkennung durch staatliche Behörden und private Unternehmen? Werden Sie dagegen stimmen, wenn der Bundestag darüber abstimmen soll?
Mit freundlichen Grüßen
Michael Süßer
Sehr geehrter Herr Süßer,
zunächst ist es wichtig, zwischen dem Einsatz von Videoüberwachung und Gesichtserkennungssoftware durch den Staat und durch private Unternehmen zu unterscheiden. Der Staat sind beim Aufbau und Einsatz solcher Instrumente enge rechtliche Grenzen gesetzt, nicht zuletzt durch das in der Verfassung verankerte Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Das ist richtig und wichtig. Entwicklung und Einsatz einer Software, wie ClearView sie vertreibt, wäre danach nicht zulässig.
Nach dem, was mir bislang über die ClearView Software bekannt ist, halte ich diese für rechtlich und moralisch verwerflich. Ich sehe hier insbesondere einen Widerspruch zu dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, denn auch wenn dieses ein Abwehrrecht des Bürgers gegen den Staat ist, beinhaltet es meines Erachtens auch einen Schutzanspruch des Bürgers. Das heißt für mich, der Staat muss dafür Sorge tragen, dass der Mensch das Grundrecht ausüben kann.
Mit den besten Grüßen
Thomas Jarzombek