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Thomas Jarzombek
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Frage von Ralf Dr. B. •

Frage an Thomas Jarzombek von Ralf Dr. B. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Jarzombek!

Als Bewonher Ihres Wahlkreises und recht frischer Facharzt für Allgemeinmedizin habe ich eine Frage an Sie bzgl. des gerade ausgehandelten und noch umstrittenen Komprommisses zur Gesundheitsreform:

Vielleicht unbemerkt von der allgemeinen Öffentlichkeit steckt auch in dem Kompromiss eine Regelung drin, die nicht nur meines Erachtens nach die hausärztliche Versorgung massiv beinträchtigen wird. Noch ist Düsseldorf davon nicht betroffen, aber auch auf diese wohlhabende Stadt wird es zukommen (man muß sich dazu einfach mal anschauen, wie viele oder besser wenige die Facharztprüfung für Allgemeinmedizin noch ablegen).
Minister Dr. Rösler hat mit dem Gesamtpaket entschieden, daß die sogenannten "Selektivverträge", also Verträge zwischen Krankenkassen und den Hausärzten bzw. ihren Verbänden, nicht mehr an Honorar für die Ärzte bieten dürfen als die Verträge der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen).

Diese sind aber für Hausärzte (das sind die,die nachts bereit stehen, Hausbesuche machen, in die Altenheime kommen etc. - was die Organfachärzte alles zusammen definitiv nicht tun) finanziell mittlerweile eine Katastrophe (30 Euro pro Quartal/Patient, egal wie oft er/sie kommt!).

Eigentlich wollte ich mich mal niederlassen - und zwar in meiner Heimatstadt, in der ich studiert habe und deren Bevölkerung ich damit dienen wollte.

So sieht es zunehemend danach aus, daß ich das nicht tun werde.

Sollte die CDU mehrheitlich für dieses Paket und damit gegen die Hausärzte stimmen (das ist so, dieses Paket ist gegen die Hausärzte gerichtet), so war es wohl das letzte Mal, daß ich ihr die Stimme gab. Meine Interessen vertritt sie dann nicht mehr.

Wie sehen Sie das?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrte Herr Dr. Bettker-Cuza,

vorab vielen Dank für Ihre kritische Nachricht über Abgeordnetenwatch.de.

Ich kann Ihre Skepsis der Gesundheitsreform gegenüber verstehen. Als junger Allgemeinmediziner, der seine berufliche Zukunft noch vor sich hat, bedeutet diese Reform, sich zunächst in unbekanntes Terrain zu begeben.

Nicht nur das früher bestehende Honorarsystem, das die vom Arzt erbrachte Leistung nach dem so genannten Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) in Punkten bewertete, wurde im Rahmen der Gesundheitsreform durch eine transparentere Euro-Gebührenordnung ersetzt, sondern auch das Morbiditätsrisiko wurde auf die Krankenkassen übertragen. Die für die vertragsärztliche Versorgung zur Verfügung stehende Gesamtvergütung orientiert sich nunmehr an der Morbidität der Versicherten.

Ein wichtiges Ziel der Reform war die Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen in Euro und Cent zu festen Preisen einer Euro-Gebührenordnung. Im alten Vergütungssystem gab es keine festen Preise, so dass Ärzte, so wie Sie, in der Regel nicht wussten, welche Vergütung sie für eine bestimmte Leistung erwarten konnten. Die Leistungen wurden zudem je nach Region, Arztgruppe, Krankenkassenart und Leistungsart völlig unterschiedlich vergütet. Insgesamt stellte sich das Vergütungssystem deshalb wie ein "Flickenteppich" dar, der von niemandem wirklich durchschaut werden konnte.

Es ging bei dieser Reform nicht darum, den Hausärzten etwas wegzunehmen. Hausärztinnen und Hausärzte sind und bleiben für ein gutes Gesundheitssystem unverzichtbar. Das deutsche Gesundheitssystem ist eines der besten in der Welt. Und Kern der exzellenten medizinischen Versorgung ist die gute Arbeit, die von den Hausärztinnen und Hausärzten jeden Tag für die Patientinnen und Patienten geleistet wird.

Gleichwohl wurden beispielsweise regionale Ungleichgewichte bei der Honorierung evident, die korrigiert werden mussten. Deshalb sollten Grundleistungen – wie etwa Patientengespräche und Hausbesuche – fairer honoriert werden. Hier war die frühere Situation, nach den Informationen, die mir zur Verfügung stehen, sehr unbefriedigend. Die beschlossenen Verbesserungen sollen dann allen Hausärztinnen und Hausärzten und damit auch Ihren Patientinnen und Patienten zugutekommen.

Um Sie bei Ihrer Zukunftsplanung zu beruhigen: Die gesetzliche Verankerung der Hausarztverträge nach § 73 b SGB V wurde vom Bundesgesundheitsminister nicht angetastet.

Im Rahmen der Finanzierungsreform des Gesundheitswesens ging es einzig darum, die jährlichen Vergütungszuwächse der Hausärzte mit Hausarztvertrag zu begrenzen. Ihre Honorare sollen künftig so steigen wie die der Hausärzte ohne Hausarztvertrag und anderer Ärzte auch. Das ist fair. Denn erstens darf gleiche Leistung nicht unterschiedlich honoriert werden, das gebietet die gerechte Behandlung innerhalb der Ärzteschaft. Und zweitens müssen sich alle an der Finanzierung des Gesundheitswesens beteiligen. Beitragszahler haben mit Sicherheit auch kein Verständnis dafür, dass ihre Belastungen steigen, während gleichzeitig für eine Gruppe von Ärzten Ausnahmen gemacht würden.

Es ist auch nicht so, dass Hausärzten Geld weggenommen wird. Das Plus fällt nur geringer aus, als bislang erwartet. Angesichts des milliardenschweren Defizits und den Folgen der Wirtschaftskrise werden alle Beteiligten ihren Teil zur finanziellen Konsolidierung der gesetzlichen Krankenversicherung beitragen müssen. Das gilt für die Ärzte in der Regelversorgung, wie auch in der hausarztzentrierten, selektivvertraglichen Versorgung (§ 73 b SGB V). Ebenso wie in der kollektivvertraglichen Versorgung gilt für die Vergütung der hausarztzentrierten Versorgung, dass keine Honorare gekürzt, sondern die Honorarzuwächse wie bei allen anderen Ärzten begrenzt werden.

Deshalb mussten kurzfristig wirksame Maßnahmen eingeleitet und ein umfassendes Reformpaket vorgelegt werden, um das für 2011 erwartete Defizit auszugleichen und zugleich verlässliche Rahmenbedingungen für die Zukunft zu schaffen.

Allgemeines Ziel muss sein

• die Ausgaben zu stabilisieren,
• die Finanzierungsgrundlagen zu stärken und
• den Sozialausgleich gerecht zu gestalten.

Dazu war und ist eine gemeinsame Kraftanstrengung erforderlich, an der sich alle beteiligen müssen – Leistungserbringer, Krankenkassen, Arbeitgeber und Versicherte.

Abschließend nun zu Ihrer Behauptung, dass einem Arzt pro Quartal nur noch ein fester Betrag - z. B. 30 Euro - zur Behandlung eines Patienten zur Verfügung steht, folgende Antwort:

Jeder Arzt kann auch weiterhin alle Leistungen erbringen und abrechnen, die bei der Behandlung eines Versicherten notwendig sind. Bei einem "schweren" Fall werden dies mehr Leistungen sein, bei einem "leichteren" Fall – wie z. B. der Ausstellung eines Folgerezeptes - entsprechend weniger Leistungen. Eine Begrenzung der bei der Behandlung eines einzelnen Patienten abrechenbaren Leistungen gibt es nach wie vor nicht.
Richtig ist, dass Ärzte für einen Teil der Leistungen einer Mengensteuerung unterliegen, um zu verhindern, dass sie medizinisch unnötige Leistungen abrechnen. Die konkrete Umsetzung dieser Mengensteuerung erfolgt durch die gemeinsame Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen, die dazu ein Konzept erarbeitet und beschlossen hat. Die von einigen Ärzten nun kritisierten Fallwerte – z. B. 30 Euro - sind rechnerische Hilfsgrößen zur Berechnung der Regeleistungsvolumina nach diesem Konzept. Sie stellen keine Begrenzung der abrechenbaren Leistungen in einem konkreten Behandlungsfall dar.

Klar ist: Hausärztinnen und Hausärzte leisten tagtäglich eine hervorragende Arbeit für die Patienten.

Es muss unser aller Ziel sein, die hausärztliche Versorgung und die Rahmenbedingungen für die hausärztliche Tätigkeit insgesamt zu verbessern. Dazu gehört z.B. auch eine bessere Honorierung der hausärztliche Grundleistungen wie z. B. des Hausbesuchs.

Ein weiterer Schritt auf diesem Weg ist das GKV-Versorgungsstrukturgesetz, das der Deutsche Bundestag zwischenzeitlich beschlossen hat. Die darin vorgesehenen Maßnahmen werden dafür sorgen, dass es für Ärztinnen und Ärzte wieder attraktiver wird, sich auch im ländlichen Raum niederzulassen. Neben spürbaren finanziellen Anreizen wird etwa die sogenannte Residenzpflicht aufgehoben, so dass Ärzte nicht mehr in dem Ort, in dem ihre Praxis ist, auch wohnen müssen. Außerdem werden beispielsweise bessere Möglichkeiten für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf der Landärzte geschaffen.

Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Jarzombek

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