Wie ist Ihre Haltung zur Impfpflicht? Welche Alternativen gibt es zur Impfpflicht? Heißt für die Impfpflicht zu sein, nicht gegen das Grundrecht Artikel1. zu sein?
Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Ihre Fragen, die ich gerne beantworte.
Mein Abstimmungsverhalten während der Corona-Pandemie habe ich immer an dem verfassungsrechtlichen Grundsatz orientiert, dass der Staat stets das verhältnismäßig mildeste Mittel anwenden muss, um ein Problem zu lösen. Die bisherigen Maßnahmen stellen daher auch die von Ihnen erfragten Alternativen zu einer Impfpflicht dar.
Dementsprechend habe ich in der Vergangenheit eine Impfpflicht eher abgelehnt. Die Entwicklungen der vergangenen Monate haben mich aber zum Umdenken bewegt. Klar war für mich aber, dass eine Impfpflicht kein Selbstzweck sein darf, sondern ein wirksames Instrument sein muss, das uns im Kampf gegen das Virus weiterbringt und den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt. Deswegen habe ich, wie Sie zwischenzeitlich sicher gesehen haben, dem Gesetzentwurf für eine Impfpflicht ab 60 mit Option für eine Impfpflicht ab 18 zugestimmt.
Verfassungsrechtlich ist eine Impfpflicht grundsätzlich möglich, wenn es sich dabei um ein zielführendes Mittel handelt und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt. Es wäre auch nicht das erste Mal, dass wir in Deutschland eine Pflicht zum Impfen einführen. Bis in die 1980er Jahre gab es eine Impfpflicht gegen Pocken, zunächst allgemein, später eingeschränkt auf Kinder bis 12 Jahre. Diese Impfpflicht hat maßgeblich dazu beigetragen, dass der letzte registrierte Pockenfall in Deutschland 1972 aufgetreten ist. Eine Impfpflicht kann also ein durchaus wirksames Mittel zur Bekämpfung einer Infektionskrankheit sein. Für eine Impfpflicht zu sein bedeutet folglich selbstverständlich nicht, gegen Artikel 1 GG zu sein.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen beantworten konnte und stehe unter thomas.hitschler@bundestag.de gerne weiter als Ansprechpartner zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Hitschler