Frage an Thomas Hitschler von Urs Anton L. bezüglich Menschenrechte
Wir sind eine Gruppe engagierter Bürgerinnen und Bürger in RP, die sich
vor allem für die Einführung der Direkten Demokratie auf Bundesebene einsetzen;
wir möchten bei der kommenden Wahl jenen Kandidierenden unsere Stimmen geben,
die uns mit ihren Antworten überzeugen können. In diesem Sinne möchten wir Ihnen
folgende fünf Fragen stellen und sind für Ihre Antworten im voraus sehr dankbar:
Sind Sie bereit, sich nach der Wahl in den Bundestag für die Einführung direktdemokratischer
Bürgerrechte auf Bundesebene einzusetzen ?
Sind Sie bereit, sich selbst dann nach der Wahl für direktdemokratische Bürgerrechte auf Bundesebene einzusetzen, wenn nicht alle Mitglieder Ihrer Fraktion Sie dabei unterstützen ?
Welche Elemente der Direkten Demokratie sollten Ihrer Meinung nach auf Bundesebene
eingerichtet werden ?
Braucht es Ihrer Meinung nach für die Einführung der Direkten Demokratie auf Bundesebene
eine Änderung des Grundgesetzes und würden Sie sich für eine solche einsetzen ?
Wären Sie bereit, sich unbesehen von einer Wahl in den Bundestag mit uns zusammen in unserem
Bundesland für bürger/innen-freundlichere Regelungen der Direkten Demokratie einzusetzen (Niedrigere
Unterschriftenzahlen, längere Sammelfristen, keine Quoren, kleinerer Ausschlusskatalog, Differenzierung zwischen Gesetzesreferenden und Gesetzesinitiativen, obligatorisches Verfassungsreferendum uä)
Sehr geehrter Herr Löpfe,
vielen Dank für Ihre Fragen. Bereits im Hamburger Programm aus dem Jahre 2007 hat die SPD festgelegt: Volksbegehren und Volksentscheide sollen in gesetzlich festzulegenden Grenzen die parlamentarische Demokratie ergänzen, und zwar nicht nur in Gemeinden und Ländern, sondern auch im Bund. Wo die Verfassung der parlamentarischen Mehrheit Grenzen setzt, gelten diese auch für Bürgerentscheide.
Wir wissen, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger neue und direktere Partizipationsmöglichkeiten wünschen. Wir sind überzeugt, dass der Verbindung von aktivierendem Staat und aktiver Zivilgesellschaft auch die direkte Mitsprache der Bürgerinnen und Bürger durch Volksbegehren und Volksentscheide dient.
Besonders in Zeiten, in denen Rechtspopulisten die Meinungshoheit über bestimmte Themen für sich beanspruchen wollen, ist politische Diskussion – und damit auch manchmal unbequemes Ringen um Meinungen und Positionen – unverzichtbar.
Wir als SPD sind eine Demokratiepartei. Uns ist dabei klar, dass Politik für die Menschen nicht ohne die Menschen geht. Ich selbst bin der Ansicht, dass wir ganz grundsätzlich über die Arbeitsweise des Parlaments nachdenken müssen. Die letzte Überprüfung der parlamentarischen Abläufe geschah Ende der 1970er Jahre, als gerade VHS-Kassetten in die Regale der Technikmärkte geräumt wurden. In der letzten Wahlperiode habe ich daher mit rund 50 Kolleginnen und Kollegen ein Positionspapier verfasst, in dem wir eine Enquetekommission vorgeschlagen haben, die sich mit Fragen der Arbeitsweise, Bürgerbeteiligung und des Wahlrechts befassen sollte. Dies haben wir auch mit dem damaligen Bundestagspräsidenten Dr. Lammert diskutiert, der unsere Vorschläge jedoch leider abgelehnt hat.
Seit Jahren bringt die SPD-Bundestagsfraktion darüber hinaus Gesetzentwürfe zur Einführung direktdemokratischer Elemente auf Bundesebene ein. Dabei fußen unsere Forderungen unter anderem auf den Erfahrungen mit der direktdemokratischen Praxis der Länder. Wir verweisen hierbei auch auf das Grundgesetz, das zwar in Artikel 20 Absatz 2 Satz 2 die Ausübung der Staatsgewalt durch das Volk in Form von Abstimmungen (verstanden als Sachentscheidungen) vorsieht. Diese Verheißung wird aber im markanten Gegensatz zu allen Bundesländern nicht einlöst. Wir müssen jedoch umsichtig vorgehen und dürfen auch Risiken nicht ignorieren. Direkte Demokratie darf nicht missbraucht werden – schon gar nicht von Rechtspopulisten.
Im Ausland sehen wir, wie die Regierenden willkürlich von oben Volksentscheide ansetzen, um sich selbst ins Rampenlicht zu rücken. Das dürfen wir nicht zulassen. Echte direkte Demokratie bringt Themen aus der Bevölkerung auf die politische Agenda. Sie ist auch auf Bundesebene der beste Weg, um politische Partizipation nachhaltig zu stärken und Frustrationen über die Politik von „denen da oben“ vorzubeugen.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen damit beantwortet habe und stehe für Rückfragen gerne auch per E-Mail unter thomas.hitschler@bundestag.de zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Hitschler