Frage an Thomas Hitschler von Jürgen Z. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Hitschler,
in einem Flyer der AfA fand an einem INFO-Stand der SPD in Landau u.a. den Satz:
“Wir wollen verbindliche Tariftreueregelungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge.“
Daraus ergeben sich für mich weitergehende Fragen:
Ich nehme an, es handelt sich neben den verschiedenen Tarifvereinbarungen auch um den Vergabemindestlohn.
Fragen zur Vergabepraxis: Soll die beabsichtigte Einführung eines Wettbewerbsregisters die Kontrolle der Tariftreueregelung mit beinhalten oder wie soll Tariftreue vor der Vergabe geprüft werden? Wie sollen Umgehungen der Tariftreue nach der Vergabe durch nachträgliche Einbindung von ausländischen Nachunternehmen behandelt werden?
Sehr geehrter Herr Zabler,
vielen Dank für Ihre Fragen zur Tariftreue. Nach § 128 Abs. 1 GWB haben Unternehmen bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einschließlich für allgemein verbindlich erklärte Tarifverträge einzuhalten. Bei einem Verstoß gegen einen bindenden Tarifvertrag kann ein Auftraggeber das Unternehmen von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausschließen (fakultativer Ausschlussgrund gemäß § 124 Absatz 1 Nr. 1 GWB).
In das künftige Wettbewerbsregister sollen besonders gravierende Fälle eingetragen werden, in denen Verurteilungen wegen Straftaten oder Bußgeldbescheide wegen Ordnungswidrigkeiten ergangen sind, damit als Eintragungsvoraussetzung eine objektiv nachprüfbare Entscheidung vorliegt. Daher werden beispielsweise Bußgeldbescheide, die wegen Verstoßes gegen das Mindestlohngesetz oder gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ergangen sind, in das Wettbewerbsregister eingetragen.
Keine Eintragung erfolgt für Verstöße, zu denen keine Bußgeldentscheidung ergeht, wie zum Beispiel bei Verstößen gegen Tarifverträge. Hier sieht das Tarifvertragsrecht andere Möglichkeiten vor, wie sich betroffene Beschäftige wehren, bzw. ihre Ansprüche geltende machen können. Zur Sicherstellung der Tariftreue kann der Auftraggeber allerdings vor der Vergabe des öffentlichen Auftrags von den Bewerbern und Bietern verlangen, dass sie eine Eigenerklärung zur Tariftreue abgeben.
Auch für Unterauftragnehmer aller Stufen gilt gemäß § 36 Absatz 4 der Vergabeverordnung der Grundsatz nach § 128 Absatz 1 GWB, wonach Unternehmen bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einhalten müssen.
Um zu verhindern, dass ein Unternehmen bindende Tarifverträge umgeht, indem es etwa nicht an Tarifverträge gebundene Nachunternehmen beauftragt, kann der Auftraggeber wie folgt vorgehen:
Erstens kann der Auftraggeber die Unternehmen auffordern, bei der Angebotsabgabe die Teile des Auftrags, die sie an Nachunternehmen vergeben wollen, sowie - falls zumutbar - die Unterauftragnehmer zu benennen.
Zweitens kann er, wenn bei einem Unterauftragnehmer ein fakultativer Ausschlussgrund wie beispielsweise Verstöße gegen Tarifverträge vorliegt, verlangen, dass der Nachunternehmer ersetzt wird.
Und wenn Auftraggeber sicherstellen wollen, dass sie auf nach der Vergabe eines öffentlichen Auftrags begangene Verstöße gegen die Tariftreue angemessen reagieren können, können sie drittens in den Vertragsbedingungen auch Kündigungsrechte und ähnliche Maßnahmen vorsehen.
Ich möchte nicht, dass Subunternehmer zu Auftragsnehmern zweiter Klasse werden. Deswegen begrüße ich die vorliegende Regelung und werde mich auch in Zukunft dafür einsetzen, dass Tarifverträge eingehalten werden und wir einen fairen Wettbewerb haben.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen damit beantworten konnte und stehe auch künftig, gerne direkt über thomas.hitschler@bundestag.de , als Ansprechpartner zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Hitschler