Frage zum Thema Polizeireform.
Guten Tag Herr Thomas Hering, die Landtagswahlen in Hessen stehen vor der Tür und ich habe eine Frage an Sie
Als ehemaliger Polizist wissen Sie aus eigener Erfahrung, dass auch Polizist*in nur Menschen sind, die nicht frei von Vorurteilen sind, Fehler machen und ihre eigenen Interessen manchmal über die der Allgemeinheit stellen.
Gerade in Hessen erleben wir immer wieder, dass dieser Fehler auftritt, sei es NSU 2.0, das Leaken Daten übermäßige Gewaltanwendung bei Demonstrationen/Festnahmen oder dass Polizeibeamte außer Dienst bei Verkehrs- und Alkoholkontrollen durchgewunken werden.
meine Fragen sind,
wenn rufe ich wenn Polizisten verbrechen begehen? Man ruft ja niemand, um sich selbst zu kontrollieren, oder?
Wann wird Hessen Vorreiter sein und eine unabhängige Polizeikontrollbehörde einrichten?
Wie stehen sie zu Bodycam 24/7 Pflicht für Beamten im Dienst und besser Überwachung von Polizist*in?
Danke für die klare und ehrliche antwort
Felix.B
Sehr geehrter Fragesteller,
Ihren Fragenkatalog leiten Sie mit Feststellungen ein, die ich so nicht teile und nicht unkommentiert stehen lassen kann.
Ihre detaillierten Schilderungen zu denkbaren Verfehlungen zeugen von einem angespannten, um nicht zu sagen gestörten Verhältnis zu den Menschen, die zu Ihrer und unser aller Sicherheit mitunter Leib und Leben einsetzen. Von Drangsalierungen, Beleidigungen und Missachtung bis hin zu schwersten Angriffen aus teils nichtigen Anlässen will ich hier gar nicht sprechen.
Nichtsdestoweniger können Menschen Fehler machen oder auch fehl am Platze sein. Wenn Anzeichen hierfür vorliegen, muss aufgearbeitet und ggf. straf- und disziplinarrechtlich nachgegangen werden. Das traue ich unserem Rechtsstaat und den rechtschaffenen Verantwortlichen in den entsprechenden Behörden und Hierarchien zu. Und das hat mir auch meine Zeit im Polizeidienst gezeigt. Ebenso werden auch die von Ihnen genannten und in der Tat schmerzhaften Entartungen bis hin zu strafrechtlich relevanten Verhaltensweisen einzelner derzeit sehr konsequent aufgearbeitet.
Auch wenn kein Polizeibediensteter, der sonst schnell ins Fahrwasser von Strafvereitelung oder Falschaussage und weiteren denkbaren Strafvorschriften samt Amtsdelikten käme, eigene Interessen oder die „Nahestehender“ vor seine dienstlichen und rechtsstaatlichen Pflichten stellen dürfte, werden entsprechende Vorfälle oder Meldungen üblicher Weise nicht von unmittelbar in Kontakt stehenden Dienststellen bearbeitet, um transparent die Trennung und unvoreingenommene Ermittlung auch nach außen zu dokumentieren.
Eine Polizeikontrollbehörde halte ich für abwegig, da erstens neben bestehenden Institutionen innerhalb der verschiedenen Gewalten eine zusätzliche Behörde wieder Verwaltungsaufblähung bedeuten würde und die Frage nach sich zöge, welche Kontrollbehörde diese Kontrollbehörde kontrolliere. Unser Rechtsstaat ist hier gut aufgestellt.
In Hessen wurde mit einer außerhalb der Polizei stehenden Person (Ansprechpartner der Polizei - keine ganze Behörde) ein niederschwelliges und vertrauenswürdiges Angebot für Kontaktaufnahme und Mitteilungen jeder Art geschaffen. Organisatorisch ist der AdP (Ansprechpartner der Polizei) der Leitungsspitze des Innenministeriums unmittelbar als Stabsfunktion - außerhalb der polizeilichen Organisation und Strukturen - zugeordnet.
Die Bodycam dient nicht nur der nachträglichen Aufbereitung, sondern kann bereits im Einsatz deeskalierend wirken, eben weil die Täter wissen, dass sie sich falsch verhalten und ggf. Konsequenzen durch die Aufzeichnung zu erwarten hätten. Deshalb wäre es gut, diese auch in Wohnungen einzusetzen, da gerade bei häuslicher Gewalt oft Eskalationen auch gegenüber Einsatzkräften zu verzeichnen sind. Da Sie wieder Ihr bemerkenswertes Misstrauen zum Ausdruck bringen und einseitig die Überwachung von Polizeikräften im Blick haben, sehe ich meine Hoffnung auf eine ausgewogene und gesellschaftlich allumfassende Blickweise Ihrerseits für illusorisch.
Ohne Negierung oder Verharmlosung polizeilichen Fehlverhaltens, welches es in der Tat gibt und geben wird und weswegen auch entsprechende Instrumente und Regelungen bestehen, könnte vielleicht ein Besuch bei einer Polizeidienststelle, der direkte Kontakt und die Aussprache auch für Sie den Menschen im Polizeidienst erkennen lassen. Details denkbaren Fehlverhaltens brauche ich dagegen nicht mehr auflisten, da waren Sie ja sehr akribisch.
Ich hoffe, mit meiner ehrlichen Antwort nicht nur auf Fragen eingegangen zu sein, sondern auch so manches Auge geöffnet zu haben und grüße herzlich