Frage an Thomas Heilmann von Yasmin B. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Heilmann
ich wende mich hiermit nochmals an sie bzgl. des geplanten Angehörigen Entlastungsgesetzes.
Uns Betroffenen geht es hier in erster Linie nicht nur um die monatlichen Zahlungen, sondern um die gesamte, meist mehrjährige Prozedur im Vorgang. Familien werden zerstört, Anwälte beschäftigt, das Leben besteht zum Großteil aus Sortieren von Rechnungen, Verträgen, Abrechnungen und vieles mehr. Betroffene können beispielsweise nicht mehr frei agieren bei der Wohnungswahl, bei einem Arbeitsplatzwechsel, bei der Reduzierung von Arbeitszeiten, bei Vermögensanlagen, bei Kreditverträgen etc., kurzum werden sie vom Tag der Mitteilung an quasi entmündigt. Da eine Prüfung mindestens alle zwei Jahre stattfindet, gilt das Ganze bis zum Tod der Eltern, bzw. des Elternteils. Nicht selten werden wir auch noch von Sachbearbeitern regelrecht gedemütigt. Hinzu kommt, dass die Gerichte in Deutschland unterschiedlich urteilen und die Sozialämter unterschiedlich handeln. Diese Freiräume hat der Gesetzgeber diesen Institutionen gelassen. Meine Lebensplanung mit Anfang 30? Heirat, eigene Immobilie? Mein bisherigen Lebensstandard halten und verbessern? Fürs Alter vorsorgen? Wie soll das funktionieren, wenn bei allem was man sich hart erarbeitet zuallererst das Amt die Hand aufhält?
Nun nehmen wir Betroffenen selbstverständlich wahr, für welche sozialen Wohltaten Bund, Länder und Kommunen Gelder zur Verfügung hatten bzw. haben. Und nun soll dieses Gesetz an der Finanzierung scheitern? Denn in der Sache haben wir von allen Parteien überwiegend zustimmende Aussagen erhalten. Uns würde hierfür jedes Verständnis fehlen!
Wie soll es ihrer Meinung nach weitergehen? Stehen sie weiterhin für das Gesetz ein? Oder macht der Vermittlungsausschuss und ggf. Neuwahlen durch eine Umstrukturierung der SPD hieraus ein Gesetz dass verpufft wie die PKW Maut?
Ich würde mich sehr über ihre Antwort freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Frau B.,
vielen Dank für Ihre Frage, in der Sie sich als Betroffene mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz auseinandersetzen. Als Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales freue ich mich, dass der Bundestag vergangene Woche mit den Stimmen der Union, der SPD und den Grünen das Angehörigen-Entlastungsgesetz beschlossen hat. Dieses Gesetz kann eine bestehende Doppelbelastung vieler Betroffenen beseitigen und stellt einen wichtigen Schritt für die stärkere berufliche Inklusion von behinderten Menschen dar. Ihre Einkommensverhältnisse kenne ich nicht. Das Gesetz ist jedoch mit seiner Entlastung für Bruttoeinkommen bis 100.000 Euro genau für Menschen in Ihrer Situation gedacht. Ich hoffe sehr, es wird Sie entlasten!
Das Gesetz bedarf jedoch der Zustimmung des Bundesrates. Danach fragen Sie zu Recht. Ich hoffe, dass die Parteien, die das Gesetz im Bundestag beschlossen haben, ebenfalls ihrer Verpflichtung im Bundesrat nachkommen und nicht unter dem Vorwand der Finanzierbarkeit stattdessen den Vermittlungsausschuss anrufen. In den kommenden Wochen wird der Bundestag den Haushalt verabschieden, der mehr als 31 Milliarden Euro für die Kommunen vorsieht. Hiervon werden voraussichtlich lediglich 1 bis 2 Prozent als Mehrkosten durch das Angehörigen-Entlastungsgesetz für die Länder und Kommunen anfallen. Das Argument der Finanzierbarkeit greift aus diesem Grund nicht. Die große Koalition hat überdies in den vergangenen Legislaturperioden die finanzielle Situation der Kommunen fortgehend gestärkt und die Kommunalentlastung fortgesetzt.
Die von CDU/CSU und SPD mitregierten Bundesländer werden auf eine einheitliche Stimmabgabe des jeweiligen Bundeslandes im Hinblick auf die Zustimmung zum Angehörigen-Entlastungsgesetz hinwirken. Diesbezüglich hoffe ich, dass auch die Grünen ihrer Verpflichtung im Bundesrat nachkommen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Heilmann