Frage an Thomas Heilmann von Calvin P. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Heilmann,
mit großer Sorge beobachte ich zur Zeit die Geschehnisse im Hambacher Wald. Es ist untragbar, dass die Interessen eines Großkonzerns dermaßen über diese des Bürgers und der Umwelt gestellt werden. Die Polizei verhält sich vor Ort im Hambacher Forst gewaltbereit und verfassungswidrig, ohne dafür belangt zu werden. Das zeigt eine ganze Fülle von Videos der Aktivisten im Wald. Mit erhobenen Händen und ohne Androhung von Gewalt von der Polizei mit Pfefferspray besprüht zu werden, steigert nicht gerade das Vertrauen in die Polizei - unseren "Freund und Helfer", die just in diesem Moment weiterhin so kaltblütig und gnadenlos vorgeht. Der Sinn einer Gewaltenteilung ist, dass die verschiedenen Organe sich gegenseitig kontrollieren. Wie ist es möglich, dass ein solches Verhalten der Polizei toleriert wird und dass von den großen Medienverbänden (ARD, ZDF, etc.) nicht mal darüber berichtet wird, weil es offiziell verboten ist, den Wald zu betreten. Für mein Verständnis (und das von vielen anderen Bundesbürgern) kommt das in diesem Kontext einer Nachrichtensperre gleich.
Außerdem finde ich es höchst bedenklich, dass RWE parallel zu den Verhandlungen zum Kohleausstieg noch "schnell-schnell" den restlichen Wald abrodet und dafür von der Polizei noch Unterstützung erhält? Dies entzieht sich gänzlich meinem Verständnis.
Daher meine Frage:
Wie stehen Sie zum Sachverhalt und welche Schritte werden Ihre nächsten sein? Wie kann man Sie unterstützen?
Ich hoffe, Sie können mir, den Menschen und unserem Planeten helfen, so schön zu bleiben, damit junge Menschen wie ich, meine kleine Schwester und selbst Ihre Kinder weiterhin auf dieser Welt leben können. Machen Sie die Welt zu einem besseren Ort. Danke.
Mit hoffnungsvollen Grüßen,
Calvin Paulus
Sehr geehrter Herr P.,
vielen Dank für Ihre Frage. Wenn Personen rechtswidrig handeln, hat die Polizei aufgrund des staatlichen Gewaltmonopols das Recht, diese Personen gegebenenfalls auch mit Gewalt daran zu hindern. Hierbei stellt sich jedoch die Frage, ob der ausgeübte Zwang verhältnismäßig war. In Bezug auf den konkreten Fall im Hambacher Forst möchte ich um Ihr Verständnis bitten, dass ich die Situation vor Ort nicht abschließend beurteilen kann, da mir die detaillierten Einblicke fehlen. Gleichzeitig möchte ich davor warnen, einzelne Videos der Streitparteien ungeprüft für wahrheitsgemäß zu halten. Schließlich haben diejenigen, die das Videomaterial zur Verfügung stellen ein eigenes Interesse und werden daher vor allem Segmente veröffentlichen, die ihre eigene Position unterstreichen. Häufig werden dabei aus dem Kontext gerissene Ausschnitte gezeigt.
ARD und ZDF sind in ihrer Berichterstattung frei. Zu keinem Zeitpunkt ist eine politische Anweisung erfolgt, über Sachverhalte nicht zu berichten. Jedoch sind ARD und ZDF dazu verpflichtet, journalistisch und seriös zu berichten. Dazu gehört auch, Quellen entsprechend zu prüft, um den oben beschriebenen Mechanismus zu verhindern. Über Konfrontationen im Hambacher Forst wurde jedoch berichtet.
Der Abbau des Hambacher Forsts wurde bereits unter der Rot-Grünen Landesregierung von Nordrhein-Westfalen beschlossen und wurde „lediglich“ umgesetzt. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat die Rodung nun vorerst gestoppt.
Aufgabe auf Bundesebene muss es nun sein, die Ziele der im Frühjahr 2018 eingesetzten Kommission Wachstum, Strukturwandel und Kohleausstieg konsequent zu verfolgen. Vor allem müssen geeignete Maßnahmen für den Beitrag der Kohleverstromung zur Erreichung der klima-schutzziele erarbeitet werden, ebenso wie Maßnahmen zum Beitrag der Energiewirtschaft, um die Lücke zur Erreichung des 40 %-Reduktionsziels bis zum Jahr 2020 so weit wie möglich zu reduzieren. Langfristig müssen wir die Kommission unterstützen, einen Kohleausstieg zu erzielen, der einen guten Kompromiss für alle Parteien darstellt. Dazu gehört auch, dass wir eine technische Lösung finden, welche Energiequelle die Grundlast unserer Stromversorgung stellen soll. Gleichzeitig müssen wir präventiv dafür sorgen, dass ein Ausstieg nicht dazu führt, dass wir Kohle aus Länder importieren, in denen die Kohle unter miserablen Umwelt- und Sozialstandards gefördert wird und eine soziale Regelung für die betroffene Belegschaft erzielen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Heilmann