Frage an Thea Dückert von Hans-Rudolf R. bezüglich Recht
Sehr verehrte Frau Dr. Dückert,
auch heute habe ich wieder in den Nachrichten die Demos gegen den G8-Gipfel gesehen.
Von der eigentlichen Demo ihren Zielen und Forderungen wird wenig berichtet. Hauptaugenmerk liegt seitens der Medien auf den gewaltbereiten (vermummten) Demonstranten und dem Verhalten der Polizei.
1. Ist unsere Gesetzgebung noch zeitgemäß? Kann die Polizei nicht härter gegen diese Vermummten vorgehen? Die Strafen für diese Täter scheinen ja so lasch zu sein, daß die gleichen Täter offensichtlich von Ereignis zu Ereignis reisen können um Unruhe zu stiften.
2. Ist die sogenannte "Deeskalations"-Anweisung an die Polizei von der Politik gewollt, so daß unsereiner sich nicht mehr zu demonstrieren traut, weil er um Leib und Leben fürchten muß, da er entweder von den Chaoten oder versehentlich von der Polizei verletzt werden könnte?
3. Wie stellen Sie sich vor, künftig das Demonstrationsrecht zu schützen?
In der Hoffnung auf eine baldige Antwort verbleibe ich
mit herzlichen Grüßen aus dem schönen Oldenburg
Hans-Rudolf Reinecke. Dipl.-Ing.
Sehr geehrter Herr Reinecke,
vielen Dank für Ihre E-Mail. Sie haben Recht, dass die Medien, vor allem das Fernsehen, immer zuerst die Bilder der gewalttätigen Ausschreitungen gebracht haben, und dass dies die Anliegen der Demonstranten in den Hintergrund rückt. Die teilweise brutale Gewalt durch einige militante Demonstranten hat geschadet, und wir Grünen haben uns klar gegen diese Exzesse gestellt.
Es gab mehrere Ursachen für diese Eskalation, und die Verantwortlichen sowohl auf Seiten der Polizei als auch auf Seiten der Organisation der friedlichen Demonstrationen müssen sich damit auseinandersetzen, damit so etwas nicht wieder passiert.
Sicher gab es Mängel beim polizeilichen Vorgehen: Es gab vor Rostock zunächst keine Vorkontrollen und während der Demonstration nur eine unzulängliche Begleitung der Militanten, so dass Waffen mitgeführt werden konnten. Auf diese Lage war das Polizeikonzept dann nicht ausgerichtet, so dass die Situation außer Kontrolle geriet.
Ich glaube aber nach wie vor, dass Deeskalation das richtige Konzept ist. Es muss mit einer guten Vorbereitung gekoppelt werden. Dann kann es die Lage entspannen. In Rostock kam einiges an negativen Faktoren zusammen: Pannen in der Vorbereitung, ein Sicherheitskonzept, in dem das Wort "Versammlungsfreiheit" nicht vorkam und zweifelhafte Bundeswehrpräsenz. Der Umgang mit festgenommenen Demonstranten missachtete elementare Rechte auf zum Teil krasseste Weise. Als Beispiel ist hier nur die menschenunwürdige Käfigunterhaltung zu nennen. All das hat die Situation zusätzlich angeheizt.
Damit sollen in keiner Weise die gewalttätigen Demonstranten entschuldigt werden, die mit den Ausschreitungen angefangen haben. Aber mit einer besseren Vorbereitung hätte man die Gewalt schneller eindämmen können.
Einige Abgeordnete unserer Fraktion die für die Bereiche Demokratie, Recht und Sicherheit zuständig sind, haben sich bereits mit Vertretern der Gewerkschaft der Polizei, Anwälten und Attac zusammengesetzt um aus Rostock zu lernen und ein Konzept zu entwickeln, das Sicherheit und ein freies Demonstrationsrecht zugleich gewährt.
Mit freundlichen Grüßen
Thea Dückert