Frage von Monique L. •

Wie passen der Ausbau der erneuerbaren Energien und die stromtechnische Versorgungssicherheit zusammen? In Zeiten der Dunkelflaute gibt es quasi keinen PV-Strom und auch keinen Windstrom.

Wir wären auf Langzeitstromspeicher angewiesen. Die einzigen Langzeitstromspeicher sind Pumpspeicherkraftwerke, die allerdings ökologisch sehr umstritten sind (massiver Eingriff in die Natur durch Stauseen). Außerdem können diese Pumpspeicherkraftwerke allenfalls für wenige Stunden Strom liefern, aber nicht für z. B. 14 Tage. Muss nicht umgedacht werden und z. B. die Versorgung mit fossilen Quellen UND Kombination z. B. mit CCS-Technologien ermöglicht werden?

Tanja Meyer im Profil
Antwort von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sehr geehrte Frau L.

entschuldigen Sie, dass meine Rückmeldung so lange gedauert hat. Da Energiepolitik nicht mein Schwerpunktthema ist, habe ich mir Unterstützung dafür von den Fachkolleg*innen geholt. Hier nun unsere Antwort auf Ihre Frage: 

Herzlichen Dank für Ihre Anfrage und Ihr Interesse an der Weiterentwicklung unserer Energieinfrastruktur. Sie sprechen zentrale Herausforderungen der Energiewende an, die auch uns sehr beschäftigen.

Die Stromerzeugung in Deutschland im Jahr 2024 wurde im Wesentlichen zu 57 % aus erneuerbaren Energien und zu 38 % aus fossilen Energieträgern generiert. Insofern spielen fossile Energieträger nach den erneuerbaren Energien noch eine wichtige Rolle in der Stromproduktion. Im Normalfall wird durch die Echtzeitangabe von Verbrauch und Erzeugung das Stromnetz stabil bei einer Frequenz von 50 Hertz gehalten. Steigt der Verbrauch, werden die Leistung von Anlagen erhöht oder zusätzliche Anlagen eingeschaltet, bei sinkendem Verbrauch werden Anlagen gedrosselt oder abgeschaltet. Im Falle einer Dunkelflaute, wie an einigen Tagen im November und Dezember des letzten Jahres, werden vermehrt fossile Energieträger verstromt, um die Versorgung aufrecht zu erhalten. Wenn dieser Ausgleich aufgrund von Wartungen oder sonstigen Ausfällen nicht allein aus inländischen Kraftwerken erfolgen kann, wird am Europäischen Strommarkt aus dem Ausland Strom eingekauft, was zwar zu höheren Börsenpreisen für Strom führt, aber die Versorgungssicherheit gewährleistet. Insofern ist aufgrund des gemeinsamen europäischen Stromnetzes und der vorhandenen Kapazität an fossilen Kraftwerken die Versorgungssicherheit auch in diesen Situationen gewährleistet.

Zu den Stromspeichern: Momentan verfügt Deutschland über eine Großspeicherkapazität von ca. 50 Gigawatt, die zu etwa 80 % in Pumpspeicherwerken und zu ca. 20 % in Batteriespeichern vorgehalten werden. Hinzu kommen ca. 5 Gigawattstunden Speicherkapazität in Form von kleinen Speicheranlagen, die etwa in Einfamilienhäusern in Kombination mit einer Photovoltaik-Anlage betrieben werden. E-Autos, deren Akkus letztlich auch eine Form von Speicher darstellen, sind dabei noch nicht berücksichtigt. In den kommenden Jahren sind weitere Großspeicher geplant, beispielsweise in Kupferzell (Baden-Württemberg) mit einer Leistung von 250 Megawatt oder an zwei Standorten in Nordrhein-Westfalen mit 235 Megawatt. In diesem Bereich gibt es also ein großes Bestreben, die Speichermöglichkeiten zu verbessern. Zusätzlich soll die Energiewende mit einem Ausbau der Verteilungsnetze und der Einrichtung sogenannter Energy Communities, wie im niedersächsischen Twistringen, einhergehen. 

Aus der Weiternutzung von fossilen Brennstoffen, aber auch den Emissionen aus der Baustoffherstellung, dem Verkehr, der Industrie etc. resultieren natürlich weiterhin CO2-Emissionen, die sich negativ auf das globale Klima auswirken. Insofern ist die Entnahme und langfristige Bindung von CO2 zur Einhaltung der Klimaschutzziele ebenfalls ein wichtiger Faktor.

Zur Speicherung von Kohlenstoffdioxid gibt es verschiedene Ansätze, die unter dem von Ihnen genannten CCS-Verfahren (Carbon Storage & Capture) zusammengefasst werden.

Die wohl einfachsten und nachhaltigsten Verfahren zur Speicherung von COsind die Aufforstung von Wäldern und die Wiedervernässung von Mooren, damit diese wieder ihrer Rolle als natürliche Speicher im Kohlenstoffkreislauf einnehmen können. So kann ein Hektar intaktes, torfbildendes Moor pro Jahr und Hektar bis zu 0,5 Tonnen CO2 langfristig binden, Bäume binden pro Tonne Kohlenstoff im Holz ein ungefähres Volum von ca. 3,7 Tonnen CO2. Daher kommt diesen natürlichen Speichern eine wichtige Rolle bei der dauerhaften Speicherung von CO2 zu. 

Hierzu haben wir derzeit folgende landespolitische Initiative: 

„Niedersachsens Moorinitiative vorantreiben“ (Drucksache 19/3658), in dem wir insbesondere den Schutz von Mooren und eine Kehrtwende von der Schädigung von Moorflächen hin zum Erhalt von Mooren als natürliche CO2-Speicher in den Blick nehmen. 

Zu den eigentlichen Speichertechnologien: Hier ist bislang die benötigte zusätzliche Energiemenge für den gesamten CCS-Prozess, die laut dem Umweltbundesamt eine zusätzlichen Energieaufwand von 40 % erfordert, problematisch. Die letztendliche Effektivität hängt natürlich davon ab, ob es gelingt das CO2 komplett und langfristig zu speichern. Hierzu gab es bereits erste Pilotversuche, auch der Bundestag hat sich im vergangenen Jahr mit einer Gesetzesinitiative (Drucksache 20/11900) zu diesem Thema beschäftigt. Möglich wären auch Kooperationen mit anderen Staaten, die diese Technologien bereits weiterentwickelt haben.

Zusammengefasst leisten die Erneuerbaren Energieträger mit ihrem hohen Anteil am Strommix einen wichtigen Beitrag zu einer autonomeren, günstigen und sicheren Energieversorgung in Deutschland, da hierin keine Abhängigkeiten von der Versorgung mit fossilen Energieträgern wie Kohle, Öl oder Gas besteht. Zudem sparen sie in erheblichem Maße CO2-Emissionen ein, die somit gar nicht erst freigesetzt und möglicherweise später mit einem höheren Energieaufwand wieder gebunden werden müssen.

Nützliche Quellen :

https://www.umweltbundesamt.de/themen/wasser/gewaesser/grundwasser/nutzung-belastungen/carbon-capture-storage#grundlegende-informationen

https://www.quarks.de/umwelt/klimawandel/co2-speicher-als-ein-baustein-fuer-die-klimaziele/

https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2024/kw39-de-kohlendioxid-speicherungsgesetz-1017722 

Ich hoffe, meine Antwort hilft Ihnen weiter.

Mit freundlichen Grüßen

Tanja Meyer

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