Wie stehen Sie zum Geschehen um Covid 19? Was ist Ihr Vorschlag, um Menschen stark gegen Infektionen zu machen? Was ist Ihre Alternative zur Impfpflicht?
In der Rheinischen Post vom 22.3.22 lese ich, dass Sie eine Impfpflicht ablehnen.
https://rp-online.de/panorama/coronavirus/akuter-papiermangel-krankenkassen-halten-corona-impfpflicht-fuer-nicht-umsetzbar_aid-67350033
Damit nehmen Sie in Ihrer Fraktion nach meiner Wahrnehmung eine Minderheitenposition ein. Aufgrund welcher Fakten und Kenntnisse sind Sie zu dieser Haltung gekommen?
Wie wollen Sie das erreichen, was andere durch die Impfung erreichen wollen?
Oder stellen Sie die Wirksamkeit oder Verträglichkeit der Impfung in Frage?
Haben Sie und Ihre Fraktionsmitglieder die Ausarbeitung von 81 Wissenschaftlern zur Impfpflicht erhalten und darüber debattiert?
Wie wird dieses Papier bei den Grünen bewertet?
Oder ist das Papier im Arbeitsanfall unter den Tisch gefallen?
Hier können Sie es wieder hervorholen, wenn Sie es suchen wollen:
https://corona-blog.net/2022/03/17/81-wissenschaftler-schreiben-erneut-69-seiten-brief-an-abgeordnete-niemand-kann-sagen-er-haette-es-nicht-besser-gewusst/
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Fragen und entschuldigen Sie bitte, dass ich erst jetzt zum Antworten komme. Im Moment erreichen mich so viele Zuschriften, dass es mir nicht immer möglich ist, zeitnah zu antworten.
Sie fragen, wie ich mir bezüglich der Impfpflicht eine Meinung gebildet habe. Sie können versichert sein, dass ich mich mit vielen wissenschaftlichen Expert:innen und Praktiker:innen (Ärzt:innen, Pflegekräften, Lehrkräften etc.) ausgetauscht habe - dazu zählten auch die 81 Wissenschaftler:innen, die die 7Argumente veröffentlicht haben - sowie Publikationen verschiedenster Studien aus dem In- und Ausland verfolgt habe. Eine solche intensive Auseinandersetzung gelingt nicht bei jeder Entscheidung, insbesondere wenn diese nicht im eigenen Fachgebiet liegt. Aber gerade die Entscheidung über einen sehr tiefen Grundrechtseingriff habe ich mir nicht leicht gemacht.
Die Wissenschaftler:innen sind sich in einer Sache einig: Die vorhandenen Impfstoffe bieten einen guten Schutz vor schlimmen Verläufen, die Impfungen können das Virus aber nicht ausrotten, weshalb keine sterile Immunität erreicht werden kann. Wenn aber eine Impfpflicht gar nicht das Ziel einer sterilen Immunität erreichen kann und wir heute gar nicht wissen, welcher Impfstoff gegen welche Virusvariante in der Zukunft tatsächlich schützen wird, ist für mich der Grundrechtseingriff einer Impfpflicht zum jetzigen Zeitpunkt weder angemessen noch geeignet und damit nicht verhältnismäßig.
Vieles spricht dafür, dass wir in eine endemische Lage kommen. Rund 80% der Bevölkerung haben einen Impfschutz, und der Immunstatus der Menschen nach einer durchgemachten Infektion sollte mit berücksichtigt werden. Sollte sich die Lage wieder zuspitzen, müssen wir je nach Variante und Situation angemessen reagieren und geeignete Maßnahmen ergreifen. Insbesondere die AHA-Regeln sollten zum Schutz besonders vulnerabler Gruppen dann eingehalten und ggf. strenger gehandhabt werden.
Die Corona-Pandemie hat uns als Gesellschaft gefordert. Politik ist immer eine Abwägung unterschiedlicher Rechtsgüter. Gerade in Krisen müssen wir Politiker:innen auf einer Sachebene diskutieren und mit Bedacht und Umsicht handeln.
Herzliche Grüße
Tabea Rößner