Frage an Tabea Rößner von Harald K. bezüglich Medien, Kommunikation und Informationstechnik
Hallo Frau Rößner,
in Ihren Beitrag zum Thema ÖRR in der FAZ vom 27.4.2021 (https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/tabea-roessner-zur-reform-der-oeffentlich-rechtlichen-17313079.html) schreiben Sie unter anderem „vom Wert des staatsfern finanzierten Rundfunksystems“. Ist das ein Witz, wissen Sie eigentlich, wie die Höhe des Rundfunkbeitrags letztendlich von Politikern ausgekungelt wird? Meine eigentliche Frage bezieht sich aber auf die von Ihnen beschworene „journalistische Unabhängigkeit“ des ÖRR. Formal haben Sie natürlich Recht, aber faktisch - und die Studien sollten Ihnen bekannt sein - tendieren Medienmacher mit bis zu 90% zum rot-grünen Lager (https://www.nzz.ch/international/das-herz-des-deutschen-journalisten-schlaegt-links-ld.1434890). Um insgesamt eine ausgewogene Berichterstattung zu erreichen, bzw. die Medienkonsumenten zumindest bezüglich politischer Ausrichtung des ÖRR transparent zu informieren, halte ich es für notwendig das Wahlverhalten der Journalisten durch die Sender zumindest jährlich einmal zu veröffentlichen. Es geht selbstverständlich nicht darum dies namentlich, auf Personen bezogen umzusetzen, sondern über eine geheime interne Umfrage. Was halten Sie von dieser Idee?
Mit freundlichen Grüßen
Harald Kroemer
Sehr geehrter Herr Kroemer,
vielen Dank für Ihre Frage zum Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk.
Zunächst einmal möchte ich darauf hinweisen, dass die Höhe des Rundfunkbeitrags keineswegs von der Politik „ausgekungelt“ wird. Kaum irgendwo ist die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Sicherung der Staatsferne des Rundfunks so dicht wie bei der Finanzierung des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks. Nach der Bedarfsanmeldung durch die Sendeanstalten prüft eine unabhängige und weisungsfreie Expertenkommission, die KEF, den Bedarf der Sender nach ausschließlich fachlichen Kriterien der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, wobei sie übrigens in der letzten Runde die Hälfte des angemeldeten Bedarfs nicht anerkannt hat. An die Empfehlung der KEF für die Beitragshöhe ist die Länderpolitik bis auf ganz wenige Ausnahmen gebunden, die hauptsächlich zur Sicherung der Interessen der Zuschauerinnen und Zuschauer an einem maßvollen Beitrag anerkannt werden. Daher bleibt in Bezug auf die Höhe des Rundfunkbeitrags kein Raum zum Kungeln, zumal das Bundesverfassungsgericht die politischen Entscheidungen in diesem Bereich recht engmaschig überprüft.
Was Ihre eigentliche Frage betrifft, so sind in der Tat die Journalistinnen und Journalisten des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks rechtlich zur ausgewogenen vielfältigen Berichterstattung verpflichtet - während übrigens die Presse grundsätzlich Tendenzfreiheit genießt. Das heißt nicht, dass der ÖRR keine Meinungsbeiträge ausstrahlen darf, allerdings sind Nachrichten und Kommentar strikt zu trennen. Es bleibt im Übrigen festzustellen, dass im ÖRR regelmäßig Vertreterinnen und Vertreter aller politischen Richtungen zu Wort kommen. Um zu Ihrem Vorschlag, dass Wahlverhalten der Journalistinnen und Journalisten des ÖRR offenzulegen - mal ganz davon abgesehen, ob sie das auch wahrheitsgetreu täten: Ich habe diesbezüglich Bedenken, weil dadurch die journalistische Unabhängigkeit in Gefahr gerät. Dafür zu sorgen, dass die Berichterstattung in den öffentlich-rechtlichen Medien bezogen auf das Gesamtprogramm ausgewogen vielfältig ist, ist Sache der Rundfunkräte als internen Kontrollgremien des ÖRR. Deren Staatsferne hat wiederum das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum ZDF-Staatsvertrag, das ich maßgeblich vorangetrieben habe, deutlich gestärkt. Sinnvoller erscheint mir eine vielfältig zusammensetzte Besetzung der Redaktionen, für die ich mich seit langem einsetze.
Mit freundlichen Grüßen
Tabea Rößner