Frage an Tabea Rößner von Barbara R. bezüglich Politisches Leben, Parteien
Sehr geehrte Frau Rößner,
Sie sind Bundestagsabgeordnete/r aus Rheinland-Pfalz. Ich verfolge bisweilen die Bundestagssitzungen, bei denen mir – auch vor Corona – viele leere Plätze auffallen.
Meine Frage deshalb zum einen:
ist Ihr Bundestagsmandat ein Vollzeit- oder Teilzeitmandat?
Wird dieses Mandat als Vollzeit- oder Teilzeitarbeit bezahlt?
Bisweilen sehe ich den gleichen Namen (die gleiche Person (?) als Bundestagsmitglied, als Landtagsmitglied, als Kreistagsmitglied, als (Stadt-)Bürgermeister usw.
Deshalb meine Frage:
Welche zusätzlichen (politischen) Ämter haben Sie inne?
Welche dieser Ämter sind Vollzeit-/Teilzeitämter?
Wie viele Stunden arbeiten Sie jeweils für die einzelnen Aufgaben/Ämter?
Welche Einnahmen erzielen Sie dann jeweils für alle einzelnen Ämter (Honorare/Aufwandsentschädigungen/Gehälter/Auslagenerstattungen oder sonstige Gelder)?
Bisweilen sehe ich auch die gleichen Namen in Aufsichtsräten.
Deshalb auch dazu meine Frage:
Welche zusätzlichen Posten haben Sie inne?
Nehmen Sie diese Tätigkeiten im Rahmen eines Mandates wahr?
Welche Einnahmen erzielen Sie aus der Wahrnehmung dieser Aufsichtsratstätigkeiten?
Bisweilen sind die gleichen Personen auch Geschäftsteilhaber oder gehen weiteren beruflichen Tätigkeiten nach, für die sie / aus denen sie Gelder bekommen.
Deshalb auch dazu meine Frage:
Welche zusätzlichen Tätigkeiten haben Sie inne?
Welche zusätzlichen Gelder bekommen Sie aus diesen Tätigkeiten?
Wie lassen sich diese Tätigkeiten mit Vollzeit-/ Teilzeitarbeit und entsprechenden Bezahlungen der politischen Ämter vereinbaren?
Über eine Antwort freue ich mich und verbleibe
Mit freundlichen Grüßen
Barbara Reif
Sehr geehrte Frau R.,
vielen Dank für Ihre Fragen, die ich Ihnen gerne beantworte. Darüber hinaus habe ich sämtliche Mandate, Mitgliedschaften und Einkünfte auch auf meiner Webseite unter https://www.tabea-roessner.de/category/uber-mich/nebeneinkunfte/ transparent gemacht.
Eine Vorbemerkung sei mir erlaubt. Der Deutsche Bundestag ist ein Arbeitsparlament (anders als ein Präsenzparlament). Das bedeutet, dass die Präsenz der Abgeordneten zwar Pflicht ist, aber nicht allein im Plenarsaal, sondern insgesamt im Bundestag, der ja aus vielen Gebäuden besteht. Es finden oft mehrere Sitzungen von Ausschüssen und Bundestagsplenum zeitgleich statt, und die Abgeordneten drehen nicht Däumchen, wenn sie nicht im großen Plenarsaal sitzen, sondern führen intensive Beratungen in Ausschüssen oder haben andere Termine im Rahmen der parlamentarischen Arbeit. So bin ich Mitglied im Rechtsausschuss, stellvertretendes Mitglied im Kultur- und Medienausschuss sowie im Ausschuss Digitale Agenda, letztere finden zeitgleich Mittwochnachmittags statt, wenn bereits die Bundestagssitzung begonnen hat. Oder der Unterausschuss Europarecht, dem ich ebenfalls als stellvertretendes Mitglied angehöre, tagt am Freitag früh um 8 Uhr und ist meistens noch nicht fertig, wenn um 9 Uhr die Bundestagssitzung beginnt. Nicht erwähnt habe ich die ganztägigen montäglichen Sitzungen der Enquete-Kommission Künstliche Intelligenz, in der ich ebenfalls sitze. Und nun ist es ja nicht mit den Sitzungen allein getan, sondern die Sitzungen müssen vorbereitet werden: Man muss Gespräche führen mit vielen Menschen, Organisationen und Verbänden, die von Gesetzesinitiativen betroffen sind, man muss sich innerhalb der eigenen Fraktion in diversen Gremien abstimmen, AG-Sitzungen leiten etc. Wenn dann noch zwischendurch und Abends Podiumsdiskussionen stattfinden, komme ich als Abgeordnete in einer Sitzungswoche locker auf 70 bis 80 Stunden. Oft ohne Wochenende, an denen ja immer auch viele Termine im Wahlkreis stattfinden. Auf Grundlage dieser Informationen können Sie also gerne beurteilen, ob die Abgeordnetendiät angemessen ist oder nicht.
Zu Ihren Fragen:
Wie Sie also unschwer erkennen können, ist das Bundestagsmandat ein Vollzeitmandat. Diese Arbeit wäre in Teilzeit gar nicht zu schaffen. Teilzeitmandate gibt es nur in einigen Länderparlamenten.
Ich erhalte monatlich eine Abgeordneten-Entschädigung (sogenannte „Diät“), die gesetzlich im Abgeordnetengesetz festgelegt ist.
Weitere politische Ämter übe ich nicht aus. In den ersten Jahren meines Bundestagsmandats war ich noch gewähltes Stadtratsmitglied. Dieses Amt habe ich aber niedergelegt, weil ich es aufgrund meines Bundestagsmandats für mich nicht zufriedenstellend ausüben konnte.
Ich bin vom Stadtrat entsandt als Mitglied des Aufsichtsrates zweier städtischer Gesellschaften, der Mainzer Stadtwerke und der Kraftwerke Mainz-Wiesbaden. Für diese Ämter wende ich im Quartal ca. 2 bis 3 Stunden für die Sitzungen selbst sowie 4 bis 5 Stunden für die Vorbereitung der Sitzungen auf. Zudem informiere ich mich regelmäßig zu den Geschäftsfeldern der Gesellschaften, führe je nach Bedarf und aktuellen Themen Gespräche oder Telefonate außerhalb dieser vier Sitzungen im Jahr.
Als Aufsichtsratsmitglied bekomme ich eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 2.000 Euro als jährliche Pauschale bei der Kraftwerke Mainz-Wiesbaden AG und ein Sitzungsgeld in Höhe von 100 Euro bei den Mainzer Stadtwerken. Wenn ich mir für diese Tätigkeit juristischen Rat einhole, was ich bereits mehrfach getan habe, zahle ich diese selbst. Im Übrigen spende ich den Großteil dieser Aufwandsentschädigungen für gemeinnützige Zwecke.
Diese Tätigkeiten nehme ich nicht im Rahmen meines Mandates wahr, sondern bin entsandt, nachdem das Unternehmen KMW jahrelang den Bau eines neuen Kohlekraftwerks geplant hatte und dieses Vorhaben 2009 aufgeben musste. Daher war die Neuaufstellung des Unternehmens ein wichtiges Anliegen, und ich habe mit daran gearbeitet, diesem städtischen Stromerzeuger ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell zu entwickeln.
Im Rahmen meines Mandates bin ich Mitglied im Kuratorium des Hauses der Geschichte und der Fridtjof-Nansen-Akademie Ingelheim. Für beide Tätigkeiten erhalte ich weder eine Aufwandsentschädigung, noch irgendwelche anderen Zahlungen.
Anderen Tätigkeiten gehe ich nicht nach.
Herzliche grüße
Tabea Rößner