Das Foto zeigt eine Portraitaufnahme von Tabea Rößner vom Juni 2021.
Tabea Rößner
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Hildegard H. •

Frage an Tabea Rößner von Hildegard H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Rosner,
ich arbeite ehrenamtlich in der Betreuung von Flüchtlingen. Dadurch bekomme ich teilweise Einblicke in Schicksale von Menschen, die mich sehr bewegen. Die Menschen sind geprägt durch ihre Flucht und teilweise sehr entwurzelt.
Ich wohne in Ihrem Wahlkreis, und die Flüchtlingsfrage wird uns in Europa noch lange beschäftigen.
1. Wie stehen Sie zum Familiennachzug? Ist dies für Sie ein Weg zum Gelingen der Integration von Flüchtlingen?
2. Warum gibt es in Rheinland-Pfalz kein Landesaufnahmeprogramm, das den Familiennachzug auf der Basis privater Bürgschaften ermöglicht? Dies ist in anderen Bundesländern möglich!
3. Werden Sie sich nach der Wahl dafür einsetzen, dass der Familiennachzug bundesweit möglich wird?
4. Wie stehen Sie zu einem Einwanderungsgesetz?
Über eine Antwort von Ihnen würde ich mich sehr freuen!
Vielen Dank!

Das Foto zeigt eine Portraitaufnahme von Tabea Rößner vom Juni 2021.
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau H.,

vielen Dank für Ihre Fragen, zu denen ich gerne Stellung nehme:

1. Wie stehen Sie zum Familiennachzug? Ist dies für Sie ein Weg zum Gelingen der Integration von Flüchtlingen?

Das Recht auf Familiennachzug ist für mich und meine Fraktion BÜNDNIS/90DIE GRÜNEN ein Schlüssel zur Integration. Geflüchtete mit Familie integrieren sich schneller und besser. Integration bedeutet auch, dass Geflüchtete schnellstmöglich ihren eigenen Lebensunterhalt bestreiten können. Wer sich aber um die Situation der Angehörigen im Herkunftsland sorgen muss, für den ist das Ankommen in Deutschland extrem schwierig. Um die engsten Angehörigen nachholen zu können, benötigen Geflüchtete eine Anerkennung als Asylberechtigte oder Flüchtlinge. Und erst wenn diese vorliegt, kann in einem langwierigen Verfahren, das oftmals länger als ein Jahr dauert, ein Visum zu Familiennachzug erlangt werden. Geflüchteten, die als „subsidiär Schutzberechtigte“ anerkannt werden, sind gegenwärtig noch bis zum März 2018 vom Familiennachzug ausgeschlossen. Davon betroffen sind zehntausende syrische Flüchtlinge, die nun noch länger um ihre Angehörigen bangen müssen, während in Syrien weiterhin der Bürgerkrieg tobt.

Wer in Deutschland bleibt, muss schnellstmöglich seine Familie nachholen können. Wir haben dazu auch einen Gesetzentwurf eingebracht, der die Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten rückgängig machen soll: wer hier aller Voraussicht nach dauerhaft leben wird, braucht seine Familie. Der Gesetzentwurf wurde aber von Union und SPD blockiert, so dass nicht einmal eine Abstimmung im Bundestag stattfinden konnte. Die Regierung kann sich nicht durchringen eine Verbesserung der Situation vieler Geflüchteter zuzulassen.

2. Warum gibt es in Rheinland-Pfalz kein Landesaufnahmeprogramm, das den Familiennachzug auf der Basis privater Bürgschaften ermöglicht? Dies ist in anderen Bundesländern möglich!

Auch auf Landesebene machen wir uns für den Familiennachzug stark. Zuletzt forderte die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Anne Spiegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Thomas de Maizière dazu auf, den Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz auf keinen Fall über den genannten Zeitpunkt hinaus weiter auszusetzen.

Private Bürgschaften sind in Rheinland-Pfalz auch jetzt schon möglich - dazu bedarf es nicht ein eigenes Landesaufnahmeprogramm. Die verschiedenen Beratungsstellen im Land können darüber am besten Auskunft geben und weiterhelfen, so z.B. der Arbeitskreis Asyl Rheinland-Pfalz. Gerade auf Landesebene machen wir uns für den Familiennachzug stark. Zuletzt forderte die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Anne Spiegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Thomas de Maizière dazu auf, den Familiennachzug für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz auf keinen Fall über den genannten Zeitpunkt hinaus weiter auszusetzen.

3. Werden Sie sich nach der Wahl dafür einsetzen, dass der Familiennachzug bundesweit möglich wird?

Ich werde mich auch nach der Wahl zusammen mit meiner Fraktion für den Familiennachzug einsetzen und auch die Aussetzung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten rückgängig machen.

4. Wie stehen Sie zu einem Einwanderungsgesetz?

Es ist seit vielen Jahren seitens der Bundesregierung versäumt worden anzuerkennen, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Weil dies seit jeher negiert wurde, sind wir in dieser Frage leider nicht vorangekommen. Die Weichen hätten schon lange dafür gestellt sein müssen.

Zusammen mit meiner Fraktion möchte ich mit einem Einwanderungsgesetz folgende Aspekte regeln:
• Wir werden die Möglichkeiten zur arbeitsplatzgebundenen Einwanderung liberalisieren und entbürokratisieren. Zudem werden wir eine „Talentkarte“ einführen, mit der gut qualifizierte Fachkräfte sich binnen eines Jahres in Deutschland einen Job suchen können. Dazu gehört auch die einfachere und schnellere Anerkennung von Berufsabschlüssen.
• Wir bauen den Bereich der Bildungsmigration zum Markenkern einer zeitgemäßen Einwanderungspolitik aus, damit Menschen einfacher als bisher in Deutschland studieren oder sich hier beruflich qualifizieren können.
• Wir wollen, dass ausländische Studierende und Auszubildende sowie Asylsuchende und Geduldete – wenn sie die Voraussetzungen des Arbeitsmigrationsrechts erfüllen - leichter ihren aufenthaltsrechtlichen Status wechseln können („Spurwechsel“).
• Und wir werden das Einwanderungsrecht entwicklungspolitisch nachhaltig ausgestalten, u. a. um das entwicklungspolitische Engagement von Migrantinnen und Migranten für ihr jeweiliges Herkunftsland besser zu fördern.

Ich hoffe, dass ich Sie mit meiner Position und der meiner Fraktion überzeugen konnte.

Herzliche Grüße
Tabea Rößner

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