Frage an Tabea Rößner von Felix T. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Rößner,
ich habe heute Ihre Antwort vom 31.03.2017 zu einer Anfrage zum Thema Versorgungsausgleich gelesen. Nun das berühmte "Versicherungsprinzip" und "Solidaritätsprinzip" liest man ja nun immer wieder. Leider ohne konkrete Zahlen auf den Tisch zu legen. Sie sprechen davon dass(Zitat:)"Reserven aufgebaut" werden müssen. Also kommt mehr für Staat und Versorgungsträger rein als raus geht. Eine solche "Versicherung" würde wohl keiner freiwillig abschliessen. Wenn solche "Verträge" beim Standesamt auslägen, hätten die Standesbeamten nicht mehr viel zu tun. Warum werden die Zahlen nicht auf den Tisch gelegt? Oder ist das tatsächlich so wie im § 3 des Informationsfreiheitsgesetz ausgeführt: "Ein Recht auf Informationszugang besteht nicht...wenn das Bekanntwerden der Information geeignet wäre, fiskalische Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr oder wirtschaftliche Interessen der Sozialversicherungen zu beeinträchtigen" Kann ich mich da als mündiger Staatsbürger vergackeiert fühlen?
Beste Grüße Felix Transfeld
Sehr geehrter Herr Transfeld,
ich freue mich über Ihre Nachfrage und den Austausch mit Ihnen.
Wenn ich Sie recht verstehe, dann meinen Sie, dass es bei der Rentenversicherung nicht gerecht zugeht – was Ihrer Meinung nach an einem unstimmigen und für den Versicherten nachteiligen Einnahmen-Ausgaben-Verhältnis liegt. Das mag vielleicht auf den ersten Blick so aussehen, ist aber bei genauerer Betrachtung nicht so. Da unsere gesetzliche Rentenversicherung nach dem Umlageverfahren finanziert wird, dient das angesammelte Kapital im Wesentlichen als kurzfristige Schwankungsreserve um die Zahlungsfähigkeit sicherzustellen, unabhängig von unterjährigen Ausfällen, saisonalen Einnahmeschwankungen und überjährigen konjunkturellen Defiziten. Denn wird nach dem Umlageverfahren gearbeitet, so muss der Leistungsbedarf eines Jahres fast ausschließlich aus dem Beitragsaufkommen des gleichen Jahres bestritten werden. Ohne die Nachhaltigkeitsrücklagen, so wird die Schwankungsreserve seit 2003 bezeichnet, ist ein Umlageverfahren sehr krisenanfällig. Allein die wechselnde Anzahl an Arbeitstagen pro Monat könnte zu Liquiditätsschwankungen führen und zu Engpässen bei der aktuellen Rentenauszahlung führen. Insofern ja, diese Reserven müssen aufgebaut werden, gerade damit die Rentenversicherung solidarisch arbeiten und den Beitragssatz stabil halten kann.
Des Weiteren wünschen Sie sich Transparenz und Einblick in die Finanzlage der Rentenversicherung. Hier empfehle ich Ihnen einen Blick in die Jahresberichte der Deutschen Rentenversicherung oder auf die Webseite der Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Dort finden Sie auch Einblick in die Einnahmen und Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung http://www.gbe-bund.de/gbe10/I?I=577:23715938D
Noch eine Anmerkung zu Ihrer Annahme, einen Vertrag über eine Versicherung, in der Reserven aufgebaut würden und die auf dem Solidaritätsprinzip beruhe, würde wohl niemand unterschreiben. Ich frage Sie: warum eigentlich nicht? Niemand kann wissen, wie alt er oder sie wird und wieviel Geld fürs Alter benötigt wird. Es ist doch eine ziemlich beruhigende Vorstellung, dass es eine solidarisch finanzierte Rentenversicherung gibt, die niemanden hängen lässt. Dafür muss die Rentenversicherung allerdings so aufgestellt sein, dass sie nachhaltig finanziert wird, die BeitragszahlerInnen nicht über Gebühr belastet und eine auskömmliche Rente garantiert. Dazu müssen allerdings einige Reformen vorgenommen werden, damit dieses System auch in den nächsten Jahren noch funktioniert. Unsere Vorstellung einer gerechten Rentenversicherung können Sie dem Anhang entnehmen.
Beispielsweise wollen wir, dass die geschlechtsspezifische Rentenlücke geschlossen wird, indem vor allem auch Frauen ihre eigenen Rentenanwartschaften erwerben. Das heißt, dass Müttern die Möglichkeit gegeben werden muss, erwerbstätig zu sein (Kinderbetreuung muss ausgebaut werden), und Pflegezeiten angerechnet werden. Zudem müssen die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen abgebaut werden. Durch geringfügige Beschäftigung, niedrige Gehälter und unterbrochene Erwerbsbiografie durch Kindererziehungszeiten haben gerade Frauen im Alter nur geringe Rentenansprüche. Vor diesem Hintergrund ist auch der Versorgungsausgleich zu sehen. Ich finde, dass der Elternteil, der sich überwiegend um die Kinder kümmert, dafür nicht mit einer geringeren Rente bestraft werden sollte.
Mit herzlichen Grüßen
Tabea Rößner