Frage an Tabea Rößner von Sönke S. bezüglich Kultur
Sehr geehrte Frau Rößner,
alle im Bundestag vertretenen Parteien befürworten (noch?) das geplante Kulturgutschutzgesetz. Die öffentliche Debatte dreht sich bislang fast ausschließlich um hochpreisige Kunstwerke und deren Ausfuhr.
Wer aber denkt an die Millionen Bürger, die private Sammelleidenschaften hegen, mit Kultur- und Naturgütern handeln oder wissenschaftlich damit arbeiten?
Kann man in einem Staat mit einer freiheitlich demokratischen Grundordnung, der die Freiheit von Wissenschaft und Forschung garantiert und der sich in europäischem Kontext der Warenverkehrsfreiheit verpflichtet sieht, wirklich einen § 30 (KSG-Entwurf vom 14.09.15) vertreten, der bei EINFUHR jeglicher Kultur- und Naturgüter "Legalitätsnachweise" von den Bürgern fordert und bei Nicht-Erbringung von der Illegalität als Regelfall ausgeht und beschlagnahmt?
Wie soll man die Legalität beweisen, wenn man im Ausland eine Muschel am Strand findet, eine Briefmarke auf einer Börse kauft oder ein Fossil in einem Steinbruch gesammelt hat? Ist es angemessen, dafür (über das vor Ort geltende Recht hinaus?) eine Ausfuhrgenehmigung beantragen zu müssen, um in Deutschland nicht enteignet zu werden? Wird man uns im Ausland noch ernst nehmen, wenn wir die Behörden mit Genehmigungsanträgen überschütten und an welche Stellen sollte man sich wenden?
Mit dem Argument dem Terrorismus eine Geldquelle entziehen zu wollen (vgl. Gesetzesbegründung), wird durch das KSG das Sammeln von Natur- und Kulturgut aus dem Ausland stark bürokratisiert, sowohl für private Sammler als auch für öffentliche Institute.
Wäre es nicht Aufgabe der Grünen, das Bürgerrecht des Sammelns (als Brauchtum ein immaterielles Kulturerbe) von Kultur- und Naturgut gegen diesen unerträglichen Angriff des Ministeriums entschlossen öffentlich zu verteidigen? Werden die Grünen sich mit dem Anliegen von bereits jetzt über 26.900 wachsamen Sammlern auseinandersetzen, die die Petition "Für den Erhalt des privaten Sammelns" unterzeichneten?
Mit freundlichen Grüßen
Sönke Simonsen
Sehr geehrter Herr Simonsen,
vielen Dank für Ihre Mail und Ihre kritischen Fragen zu den möglichen Auswirkungen des neuen Kulturgutschutzgesetzes für die naturwissenschaftliche Forschung, geo- und biowissenschaftliche Sammlungen sowie private Sammlerinnen und Sammler in Deutschland.
Gemeinsam mit meinen zuständigen Fachkolleginnen in der Fraktion haben wir bereits eine mündliche Frage an die Bundesregierung hierzu gestellt. Leider war die Antwort bislang sehr pauschal: "Es ist unwahrscheinlich, dass das Kulturgutschutzgesetz für diese greifen würde." Wir werden hier weiter nachfragen, um noch konkretere Antworten zu bekommen. Ein besonderes Augenmerk wird in der Diskussion auf der Frage liegen, wie weitereichend der Schutz sein wird.
Wir sammeln gegenwärtig eine ganze Reihe von Anfragen und Stellungnahmen und werden diese im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens prüfen und berücksichtigen, wenn es denn erst einmal begonnen hat. Zunächst wird der Regierungsentwurf zum Kulturgutschutzrecht am 18. Dezember 2015 im Bundesrat beraten.
Herzliche Grüße
Tabea Rößner