Das Foto zeigt eine Portraitaufnahme von Tabea Rößner vom Juni 2021.
Tabea Rößner
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Heike K. •

Frage an Tabea Rößner von Heike K. bezüglich Kultur

Sehr geehrte Frau Rößner,

Gestern fand die Aktion "One Billion Raising" statt, bei der Frauen auf der ganzen Welt mit einem gemeinsamen Tanz auf Gewalt gegen Frauen aufmerksam machen wollten. Heute wollte ich mir den Livestream auf der Website http://onebillionrising.org/ ansehen, auf dem Filme von gestern eingestelt sind, aber die Videos können in Deutschland nicht abgespielt werden, da "die GEMA die Verlagsrechte hieran nicht eingeräumt hat".

Geht das nicht ein bisschen weit?
Ist es nicht unverhältnismäßig, dass aus kommerziellen Gründen eine wichtige politische Aktion auf diese Art ausgebremst wird?

Ich habe einige FreundInnen aus China, die z.Zt. in Deutschland sind, und wir diskutieren öfter über Grundrechte. Für uns in Deutschland ist es unverständlich, wie ein Staat das Internet zensieren und bestimmte Webseiten wie Facebook oder Youtube für die Bevölkerung sperren kann. Wir ernten auf diesen Einwand jedoch immer den Hinweis auf die Sperrung von Youtube-Videos aus GEMA-Gründen, was auch als eine Art Zensur betrachtet werden kann. Den deutschen Nutzern wird aus Profitorientierung Information vorenthalten, die in anderen Ländern frei verfügbar ist.

Ich würde mich über eine Stellungnahme dazu sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen
Heike Koch

Das Foto zeigt eine Portraitaufnahme von Tabea Rößner vom Juni 2021.
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Koch,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Sie gibt mir Gelegenheit, in der Öffentlichkeit oft nicht richtig dargestellte Vorgänge im Zusammenhang mit der GEMA einzuordnen und richtigzustellen. Denn Videos werden auf Youtube nicht von der GEMA gesperrt, sondern von Youtube selbst. Die Darstellung von Youtube, dass die GEMA Videos sperren lässt, ist irreführend. Eine Zensur von öffentlicher Seite findet deshalb in dieser Hinsicht nicht statt.

Zum rechtlichen Hintergrund: Die GEMA unterliegt einem sogenannten Kontrahierungszwang, welcher in § 11 UrhWahrnG festgeschrieben ist. Die GEMA ist also verpflichtet, die erforderlichen Rechte einzuräumen, solange eine Lizenz gezahlt wird. Diese Lizenz kann sogar vor einer abschließenden Einigung zwischen der GEMA und dem Lizenzschuldner, in diesem Fall Youtube, festgelegt werden. Er muss dann nur für eventuell höhere Forderungen Rücklagen bilden und diese gegebenenfalls nach erfolgter Einigung an die GEMA auszahlen.

Youtube sperrt bestimmte Videos aus eigenem Antrieb heraus, wogegen es aber keine rechtliche oder politische Handhabe gibt, da Youtube auf seiner eigenen Plattform bestimmen kann, was gezeigt werden soll und was nicht. Das Portal suggeriert bewusst über irreführende Texte, dass die GEMA hier aktiv geworden sei. Diese Texte zeigt Youtube an Stelle "gesperrter" Videos. Gegen diese irreführenden Botschaften hat die GEMA bereits Klage eingereicht.

Die GEMA hat in anderer Weise das Engagement der Initiatiatorinnen der Aktion "One Billion Rising" erschwert, indem sie Gebühren für die öffentlichen Aktionen verlangt hat, die für ehrenamtlich organisierte gemeinwohlorientierte Veranstaltungen schwer aufzubringen sind. Als Medienpolitikerin bin ich mir bewusst, dass die Aufgabe der GEMA, das Urheberrecht von Künstlern zu schützen und ihre Rechte zu verwerten, ein wesentliches Instrument ist, um unsere Kulturgüter zu schützen und auch in Zukunft Kulturschaffenden ein Einkommen zu ermöglichen. Jedoch war in diesem Fall nach meiner Ansicht die Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt.

Deshalb habe ich mich in einem konkreten Fall in Rheinland-Pfalz mit der Bitte an die GEMA gewandt, den Ermessensspielraum weit auszunutzen, um die ehrenamtlichen Organisatorinnen zu entlasten. Dies hat erfreulicherweise zu einer deutlichen Verringerung des Beitrags geführt. Die Politik, die Verwaltungen und Verbände sollten den bürgerschaftlichen Einsatz für eine menschlichere Welt mit allen Kräften unterstützen.

Herzliche Grüße
Tabea Rößner

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