Das Foto zeigt eine Portraitaufnahme von Tabea Rößner vom Juni 2021.
Tabea Rößner
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Rainer W. •

Frage an Tabea Rößner von Rainer W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Rößner,

seit vielen Jahren habe ich die Grünen unterstützt zu dem zu werden, was sie nun sind. In der letzten Zeit stelle ich fest, wie sich in der Denke der Partei ein Richtungsschwank ereignet hat. Die Grünen stimmen aus Überzeugung für den Einsatz an Kriegseinsätzen und nun haben Sie (auch persönlich) an einer neulicher Abstimmung dem Export von Kriegsmaterial zugestimmt.

Als aufmerksamer Verfolger der Politik habe ich das Wahlprogramm der Grünen von vorne bis hinten studiert. Unter anderem heisst es dort: "Konflikte sollen zivil gelöst werden."

Nun hat nach unserem Rechtsverständnis die Bevölkerung Saudi-Arabiens und hier insbesondere die Frauen des Landes wenige zivile Rechte.

Meine Fragen:

1. Wie können Sie es verantworten, (Kriegs-)Geräte in ein Land exportieren zu lassen, die dazu dienen, die Rechte der Bevölkerung kraft ihrer Funktion (nämlich Einschüchterung) einzudämmen?

2. Verliert Ihr Anspruch der Konfliktlösung durch zivile Mittel damit nicht den Boden unter den Füssen, einfach weil Zivilrecht in dem Moment aufhört, wo der Panzer vorfährt, um die (verfassungsmässig nicht gestattete) Demonstration aufzulösen?

Mit freundlichen Grüßen

Rainer Winters

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Winters,

die Entscheidung über die Lieferung von Kriegsmaterial und Rüstungsgütern obliegt der Bundesregierung. Der Bundestag ist an dieser Entscheidung nicht beteiligt. Es gelingt uns nicht einmal, rechtzeitig Informationen über geplante Rüstungsgeschäfte in Erfahrung zu bringen, weil die Bundesregierung sich auf die Geheimhaltung im Bundessicherheitsrat beruft, in dem diese Entscheidungen vorbereitet werden. Der Bundestag wird auf den Rüstungsexportbericht verwiesen, der aber meist mit erheblicher Verspätung über ein Jahr später erscheint.

Dass die Bundesregierung plant, Panzer an Saudi-Arabien zu liefern, haben wir nur aus der Zeitung erfahren. Es war Anlass, die Bundesregierung in Fragestunden und mit Anträgen dazu zu bewegen, über das Geschäft Auskunft zu geben. Sie finden die Reden und Anträgen der Grünen Bundestagsfraktion auf unserer Homepage http://www.gruene-bundestag.de/cms/sicherheitspolitik/dok/385/385934.keine_kampfpanzer_nach_saudiarabien.html

Wir haben uns vehement gegen diese Panzerlieferung ausgesprochen. Welches persönliche Abstimmungsverhalten meinerseits Sie kritisieren, weiß ich nicht. Falls Sie sich auf die Anträge der Linken beziehen, so haben wir uns enthalten, da wir diese Anliegen vom Grundsatz her teilten, sie inhaltlich aber so formuliert waren, dass wir sie nicht befürworten konnten. Allerdings habe ich bei dem Antrag der Linken zu Israel mit Nein gestimmt. Wenn in einem Antrag das Existenzrecht Israels in Frage gestellt wird, ist dies für mich aus unserer historischen Verantwortung heraus nicht tragbar.

Damit in Zukunft das Parlament mehr über die Rüstungsgeschäfte erfährt, laufen parlamentarische Initiativen, die mit dem bestehenden System brechen sollen. Im Jahr 2000 war es die rot-grüne Regierung, die zumindest politische Leitlinien formuliert, an denen sich die Entscheidung im Bundessicherheitsrat orientieren soll. Damals wie heute stellen wir fest, dass das nicht reicht und diese Leitlinie verbindlich in Gesetze umgemünzt werden müssen.

Die zivile Krisenprävention ist und bleibt Kernanliegen der GRÜNEN. Mit der Gründung des Zentrums für Internationale Friedenseinsätze, dem Zivilen Friedensdienst, dem Menschenrechtsinstitut, der Deutschen Stiftung Friedensforschung sowie der Verabschiedung des "Aktionsplan Zivile Krisenprävention" haben wir zu Regierungszeiten eine wichtige Basis für ein Umsteuern in der Sicherheitspolitik gelegt. Das Liefern von Kriegswaffen gehört natürlich nicht dazu. Grundsätzlich muss man aber, wie es das Grundgesetz auch tut, zwischen Kriegswaffen und Rüstungsgütern unterscheiden. Zu letzterem gehört auch Minenräumgerät und Schutzwesten, was in einem Post-Konfliktland wichtig sein kann. Daher schließen wir nicht jede Lieferung kategorisch aus. Aber die Entscheidung muss sich mit den bestehenden Leitlinien sowie den EU-Kodex konform gehen. Als Parlament können wir die Regierung z .B. mit Anträgen leider nur ermahnen, diese einzuhalten.

Herzliche Grüße
Tabea Rößner

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