Frage an Tabea Rößner von Sophia O. bezüglich Kultur
Frau Rößner,
wie ist das mit dem Internet als "dritte Säule des Rundfunks"? Gerne würde ich mehr darüber lesen. Sollte es "Internetsender" geben? Und warum nicht eine vierte Säule: öffentlich-rechtliche Presse? Warum halten Sie die öffentlich-rechtliche Form für das Internet nötig, aber nicht für die Presse?
mit freundlichen Grüßen
Sophia Orthoi
Sehr geehrte Frau Orthoi,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage und entschuldigen Sie bitte, dass Sie auf die Antwort einige Zeit warten mussten.
Sie fragen nach der "dritten Säule des Rundfunks". Unter der "dritten Säule" hat man früher eher die so genannten Bürgermedien verstanden, wie beispielsweise den Offenen Kanal. Im Zuge der Digitalisierung wird aber vor allem vom Internet als "dritte Säule" neben dem Fernsehen als erster Säule und dem Hörfunk als zweiter Säule, gesprochen.
Ursprünglich bezieht sich der Begriff Rundfunk auf die Übertragung von Informationen über Wellen oder Frequenzen in Echtzeit an die Öffentlichkeit. Damit gehören vor allem Hörfunk und Fernsehen zum Rundfunk. Aber auch via Internet können Rundfunksendungen empfangen werden, und zwar auch zeitversetzt. Das hat zu einer Diskussion darüber geführt, was insbesondere der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Internet darf und was nicht, wie textlastig der Auftritt von Sendungen im Internet sein dürfen und inwieweit der mit Gebührengeldern finanzierte Rundfunk eine Konkurrenz für andere journalistische Formate im Internet darstellt.
Im Staatsvertrag, der den Rundfunk regelt, gibt es eine „Bestands- und Entwicklungsgarantie“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die auch vom Bundesverfassungsgericht immer wieder betont worden ist. Für uns GRÜNE bedeutet diese Garantie, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk neue Übertragungswege und Formate nutzen muss, damit er seine Zuschauer und Hörer auch erreicht. Wenn junge Menschen immer stärker das Netz nutzen, dann sollen die Öffentlich-Rechtlichen Sie dort mit ihren Angeboten auch erreichen können – so unsere Ansicht Konkret sprechen wir uns für ein Online-Angebot als „dritte Säule“ neben Hörfunk und Fernsehen aus.
Mit der Digitalisierung stößt auch die Presse auf neue Herausforderungen, da ursprüngliche Geschäftsmodelle nur noch zum Teil funktionieren. Daher brauchen wir auch für die Bewahrung einer großen Vielfalt in der Presselandschaft neue Antworten. Aufgrund der Konvergenz der Geräte gleichen sich auch die Angebote von Rundfunkveranstaltern und Verlagen immer stärker an. Verlage binden Filme in ihre Webauftritte ein. Rundfunkanbieter deskribieren ihre Sendungen. Dabei halte ich den Konflikt um die tagesschau-App für einen Stellvertreterkrieg, denn die eigentliche Konkurrenz der Verlage im Internet sind Firmen wie google, die den Internetwerbemarkt für sich erschlossen haben. Auf den Seiten der öffentlich-rechtlichen Sender ist die Schaltung von Werbung nicht zulässig.
Über die Frage von öffentlich-rechtlicher Presse bzw. die Förderung von Presse durch öffentliche Gelder wird - zumindest öffentlich - nicht diskutiert, da dies der gebotenen Staatsferne widersprechen würde. Eine öffentliche Förderung lehnen insbesondere viele Verleger vehement ab. Für mich ist vor allem die Frage wichtig, wie zukünftig Journalismus bezahlbar sein wird. Denn für Recherchen und tiefgehende Artikel brauchen Journalistinnen und Journalisten Zeit. In dieser Frage befinde ich mich im Dialog mit Journalisten, Verbänden, mit Verlagen und Rundfunkanbietern und diskutiere verschiedene Lösungsansätze.
Für mich als Medienpolitikerin sind bei der Entwicklung von Konzepten und der Bewertung von Vorschlägen drei Aspekte wesentlich: Wie kann das journalistische Angebot staatsfern organisiert werden, wie können wir die Qualität und Vielfalt erhalten und wie den Zugang zu Information gewährleisten.
Sie sehen, es gibt angesichts des großen Transformationsprozesses, in dem wir uns befinden, noch viel Diskussionsstoff. Die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags "Internet und digitale Gesellschaft" wird sich im nächsten Jahr in einer Projektgruppe mit der Zukunft der Medien befassen. Auf die Arbeit in dieser Projektgruppe freue ich mich ganz besonders.
Herzliche Grüße
Tabea Rößner