Frage an Tabea Rößner von Achim S. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Rößner,
mir bereitet folgende E-Petition im Bundestag Kopfzerbrechen.
https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=14032
Diese Petition beinhaltet folgenden Text:
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Der Deutsche Bundestag möge beschließen ...dass das Verkaufsverbot von Heilpflanzen in der EU ab dem 1 April 2011 in Deutschland nicht greift.
Laut Europäischer Richtlinie zur Verwendung traditioneller und pflanzlicher medizinischer Produkte (THMPD) wird der Verkauf und die Anwendung von Naturprodukten stark eingeschränkt.
Begründung
Es handelt sich um eine Richtlinie der EU zur Vereinheitlichung des Zulassungsverfahrens für traditionelle Kräuterzubereitungen, die medizinisch eingesetzt werden. Damit werden Naturprodukte zu medizinischen Produkten umdeklariert, die zugelassen werden müssen. In allen EU Länder wird es dann verboten sein Heilkräuter oder Pflanzen zu verkaufen, die keine Lizenz haben.
Naturstoffe , denen man eine Heilwirkung zuschreibt werden nicht mehr als Lebensmittel eingestuft, sondern als Arznei. Nur was man patentieren und mit einer Schutzmarke im Handel monopolisieren kann ist erwünscht. Was einfach in der Natur wächst ist illegal.
Unsere Gesundheit wird dadurch nicht geschützt, sondern es werden die Umsätze und Profite der Grosskonzerne gesichert. Wir sollten selber entscheiden was gut für uns ist und welche Mittel wir nehmen, ob chemische Bomben oder sanfte Naturheilmittel.
Dadurch erfahren auch Krankenkassen eine Erleichterung weil immer mehr Leute dazu übergehen, Naturprodukte ohne Rezeptschein zu kaufen.
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Das bedeutet für mich, Heilpflanzen, die seit Jahrhunderten geholfen haben, werden Drogen gleichgestellt, deren Unschädlichkeit erst noch bewiesen werden muß, welch ein Irrsinn.
Wird der deutsche Bundestag uns vor dieser Gelddruckmaschine für die Pharmaindustrie versuchen zu schützen?
Insbesondere die Grünen, die aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte und Ideologie ein besonderes Verhältnis zu Bevormundung und Gesundheit haben müssten?
mit freundlichen Grüßen
Achim Stührmann
Sehr geehrter Herr Stührmann,
vielen Dank für Ihre per Abgeordnetenwatch.de an mich gerichtete Anfrage. Das Verhindern von Patenten auf Lebensmittel ist mir generell ein wichtiges Anliegen. Ihr im Schreiben formuliertes Anliegen hat aber scheinbar zwischenzeitlich an Brisanz verloren. Denn wie unter anderem der Fachverband Deutscher Heilpraktiker mitteilte, wird durch die von Ihnen erwähnte Richtlinie keine Pflanze verboten. Die Richtlinie dient lediglich der Kontrolle der Zulassung von Fertig-Arzneiprodukte.
Dass die Zulassung von Arzneimitteln europaweit einheitlich geregelt ist und bei innovativen Arzneimitteln (z.B. biotechnologisch hergestellte Arzneimittel, monoklonale Antikörper oder Medikamente für seltene Erkrankungen) sogar zentral stattfindet, macht Sinn. Es wird damit vermieden, dass in jedem europäischen Land andere Regeln gelten und auf eine Zulassung oder Registrierung in einem anderen Land verwiesen werden kann.
In anderen Bereichen der Arzneimittelpolitik (z.B. Nutzenbewertung, Preisverhandlungen, Verordnungsfähigkeit durch die Krankenkassen) können wir in Deutschland frei schalten und walten. Aktuell wurden gerade das Arzneimittelneuordnungsgesetz im Bundestag verabschiedet, das wir ablehnen.
Die Regelungen zu „traditionellen pflanzlichen Arzneimitteln“ – hier gilt das Verfahren der Registrierung, das im Vergleich zu Zulassungen sehr viel einfacher ist - sind im deutschen Arzneimittelgesetz (§§ 39a-d AMG) bereits im Jahr 2005 eingeführt worden. Damals wurde die aus dem Jahr 2004 stammende EU-RL 2004/24 in deutsches Recht umgesetzt. Uns sind keine aktuellen Änderungen, weder auf der EU-Ebene noch in Deutschland, bekannt.
Gerade bei Arzneimitteln sind im Interesse der PatientInnen an alle Medikamente Anforderungen an die Qualität, Unschädlichkeit und Wirksamkeit zu stellen. Dies gilt auch für die Arzneimittel aus den Bereichen Homöopathie, Anthroposophie, Phytotherapie und die traditionellen pflanzlichen Arzneimittel. Wir Grünen hier im Bundestag setzen uns immer wieder dafür ein, dass die Besonderheiten dieser Therapierichtungen beachtet und keine überzogenen Anforderungen aufgestellt werden. Im Sinne der PatientInnen ist es jedoch auch notwendig, Mindestanforderungen an diese Arzneimittel zu stellen, da diese nicht per se „sanft“ oder ohne Belastungen (z.B. durch Schwermetall) sind. Insofern lehnen wir solche Regelungen nicht grundsätzlich ab.
Aktuell haben uns keine konkreten Kritikpunkte an den bestehenden gesetzlichen Regelungen erreicht, die wir dann detailliert bewerten könnten. Dass mit der Registrierung (auch von homöopathischen und anthroposophischen Arzneimitteln) auch Probleme verbunden sind ist uns bekannt, da wir in regem Austausch mit Verbänden aus dem Bereich der Komplementärmedizin stehen, die dies auch auf europäischer Ebene thematisieren. Ein zentrales Problem ist z.B. die Registrierung neuer Arzneimittel, da diese nicht auf einen jahrelange traditionelle Nutzung in Europa verweisen können.
Mit freundlichen Grüßen
Tabea Rößner