Frage an Tabea Rößner von Friedemann K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Rößner,
wie beurteilen Sie persönlich die nächsten Freitag in der ZDF-Verwaltungsratssitzung in Mainz zu diskutierende Frage der Verlängerung des Vertrags des Chefredakteurs Nikolaus Brender?
Befürworten Sie das dem hessischen Ministerpräsidenten Koch zugeschriebene Vorgehen und muss die Warnung der 35 Verfassungsrechtler, die letzten Sonntag in einem Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung das Vorgehen der CDU-Mitglieder im ZDF-Verwaltungsrat als besorgniserregende Beeinträchtigung der im Grundgesetz festgeschriebene Staatsfreiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschrieben haben, nicht zu denken geben?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Kobusch,
vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich gerne beantworte.
Als medienpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN und Journalistin setze ich mich für die Unabhängigkeit der Medien und für die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein. Deshalb habe ich die Warnung der Verfassungsrechtler, die sie ansprechen, in einer Pressemitteilung im November ausdrücklich begrüßt. Sie haben Recht: Ministerpräsident Koch und der ZDF-Verwaltungsrat haben die Staatsferne des Rundfunks missachtet und ganz gezielt politischen Einfluss genommen. Damit wurde meiner Meinung nach der Glaubwürdigkeit und dem Ansehen des ZDF enormer Schaden zugefügt.
Damit ist der Fall für mich jedoch nicht erledigt: Ob der ZDF-Staatsvertrag, der dieses Vorgehen im Fall Brender überhaupt ermöglicht hat, noch dem Verfassungsauftrag entspricht, will ich mit Hilfe eines von mir initiierten Normenkontrollverfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht klären. Ich bezweifele, dass die enorme staatliche Durchdringung der ZDF-Gremien den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Staatsfreiheit des Rundfunks entspricht. Die grüne Bundestagsfraktion hat den renommierten Medienrechtler Prof. Dieter Dörr der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Mitunterzeichner des offenen Briefes der 35 Staatsrechtler zum Fall Brender beauftragt, die Antragsschrift vorzubereiten. Wir setzen uns damit weiterhin systematisch für die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein.
Ich werde in den nächsten Wochen gemeinsam mit der grünen Bundestagsfraktion versuchen, auch die Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen davon zu überzeugen, den Antrag zu unterzeichnen, um das notwendige Quorum von einem Viertel der Bundestagsabgeordneten zu erreichen. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages müssen zeigen, dass ihnen die Staatsferne des Rundfunks ein vorrangiges Anliegen ist.
Ich hoffe Ihnen mit dieser Antwort meine Position verdeutlich zu haben. Pressemitteilungen und weiter Äußerungen zu dem Thema finden Sie auch auf meiner Homepage unter http://www.tabea-roessner.de.
Mit freundlichen Grüßen
Tabea Rößner