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Sylvia Jörrißen
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Frage von Mirko N. •

Frage an Sylvia Jörrißen von Mirko N. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Frau Jörrißen,

Wie ich lese, sind Sie Bankfachwirtin. Als solche haben Sie mit finanzen zu tun, beantworten Sie doch bitte, wie Sie zu den permanenten Rechtsbrüchen in der Eurofrage stehen. Im Maastricht-Vertrag steht klipp und klar, dass kein Land für die Schulden eines anderen Landes haften darf. Dies wurde durch den EFSF und den ESM ausgehebelt. Nun steuern wir auf die Bankenunion zu – ein weiterer Meilenstein zur Aufgabe der Souveränität.

Werden Sie als (eventuelles) Mitglied des 18. Deutschen Bundestages weiteren Banken- und Staatenrettungen zustimmen und dadurch mithelfen, dafür Steuergelder der Deutschen Bürger auszugeben?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Napiany,

sehen Sie mir bitte die etwas verzögerte Antwort nach. Die Staatsschuldenkrise in Europa hält seit nunmehr fast drei Jahren an. Was Anfang 2010 noch wie ein spezifisches Problem des griechischen Staatshaushalts und der griechischen Wettbewerbsfähigkeit aussah, führte zu Instabilitäten an den Märkten in Europa. Mehrere Staaten waren hiervon betroffen, mussten immer höhere Zinsen auf ihre Staatsanleihen zahlen und konnten sich teilweise nicht mehr aus eigener Kraft an den Finanzmärkten refinanzieren.

Auf diese Gefahr für den gesamten Euro-Währungsraum haben seine 17 Mitglieder schnell und beherzt reagiert. Zur sofortigen Unterstützung hatte Griechenland zunächst bilaterale Kredite aller Euro-Staaten, später dann wie Irland und Portugal Kredite aus dem im Sommer 2010 vorläufig geschaffenen Rettungsschirm EFSF (Europäische Finanzstabilisierungsfazilität) erhalten. Spanien erhält seit Sommer 2012 als weiteres Programmland spezifisch für seinen Bankensektor Kredite aus dem dauerhaft geschaffenen Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM).

All diese Länder haben sich im Gegenzug zu massiven Einsparungen und strukturellen Reformen ihrer Volkswirtschaften für mehr Wettbewerbsfähigkeit verpflichtet. Die Umsetzung dieser Reformprogramme überprüft regelmäßig die sogenannte Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF). Ganz im Sinne von gemeinsamer Solidarität gegen Solidität jedes Einzelnen ist die Umsetzung der Reformprogramme Bedingung für die Auszahlung der jeweils anfallenden Kredittranchen.

Strukturreformen und Einsparungen sind bereits spürbar, zum Beispiel durch sinkende Staatsdefizite, Entspannungen auf den Arbeitsmärkten und sinkenden Lohnstückkosten. An den Finanzmärkten ist Beruhigung eingetreten. In 2012 konnte auch Griechenland sein Defizit drastisch senken und wichtige Reformen gesetzgeberisch umsetzen, zuletzt beispielsweise die Steuerreform, die schon in diesem Jahr Mehreinnahmen bringen wird. Irland rechnet mit einer baldigen Rückkehr an die Finanzmärkte. Portugal und Spanien haben ebenfalls Erfolge zu verzeichnen.

Auch wenn die Krise nicht überwunden ist - erste erfolgreiche Schritte zur Stabilisierung des Euros sind getan. Zusätzlich zu der Möglichkeit, Staaten in akuten Krisen über die Rettungsschirme Hilfe zu leisten, haben wir gemeinsam mit unseren Partnern in der Euro-Zone und EU ein Gesamtkonzept entwickelt mit dem Ziel, unsere gemeinsame Währung auf ein stabiles Fundament zu stellen. Dafür brauchen wir stabile Haushalte, gewährleistet durch eine neue haushaltspolitische Überwachung, wir brauchen eine stabile Wirtschaft durch eine gemeinsame wirtschaftspolitische Steuerung in der Euro-Zone und stabile Finanzmärkte durch eine entsprechende Finanzmarktregulierung.

Mit Maßnahmen wie dem Fiskalvertrag, neuen Haushalts- und wirtschaftspolitischen Überwachungsmechanismen und weitreichenden Maßnahmen zur Regulierung der Finanzmärkte sind wir bei der langfristigen Stabilisierung des Euro gut vorangekommen. Diesen Weg der weiteren europäischen Integration wollen wir fortsetzen - zunächst mit der Bankenaufsicht und -union. Dabei steht für uns fest: An allen weiteren Reformen sind die nationalen Parlamente und das Europäische Parlament zu beteiligen. Denn Europa muss noch demokratischer werden.

Der deutsche Anteil an der Absicherung der Kredite für Griechenland, Portugal, Spanien und Irland beläuft sich aktuell auf insgesamt rund 135 Milliarden Euro. Eine systematische Vergemeinschaftung von Schulden, wie sie die Opposition mit Euro-Bonds fordert, wird es mit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nicht geben.

Deutschland müsste dann nicht nur für seine eigenen Schulden, sondern auch für die der anderen Euro-Länder einstehen. Risiko und Haftung dürfen aber nicht auseinanderfallen.

Dafür hat sich die unionsgeführte Bundesregierung bereits erfolgreich eingesetzt: Seit Inkrafttreten des ESM im Jahr 2012 werden alle neuen Schuldtitel des Euro-Gebietes mit standardisierten Umschuldungsklauseln versehen. Danach müssen sich die privaten Gläubiger an den Kosten des Kreditausfalls beteiligen, wenn ein Land zahlungsunfähig wird. Diese Regelungen können als erster Schritt zu einer Insolvenzordnung für Staaten gesehen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Sylvia Jörrißen