Wie stehen Sie zum Selbstbestimmungsrecht von Frauen und der Abschaffung von §218 in diese Legislaturperiode?
Die Abschaffung von § 218 im Strafgesetzbuch und die Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen außerhalb desselben halte ich für eine sinnvolle und nachvollziehbare Forderung. Jede Frau sollte die Entscheidung für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch eigenständig und frei von äußeren Einflüssen treffen können. Es ist verständlich, dass es irritierend wirkt, wenn ein Schwangerschaftsabbruch nicht uneingeschränkt legal durchgeführt werden kann, sondern lediglich unter bestimmten Voraussetzungen straffrei bleibt. Der Wunsch nach einer Neuregelung außerhalb des Strafgesetzbuches ist daher für mich gut nachvollziehbar.
Um jedoch den notwendigen gesellschaftlichen Diskurs zu ermöglichen, halte ich eine geregelte und ausführliche Debatte nach den nächsten Bundestagswahlen in der kommenden Legislaturperiode für sinnvoll. Zum einen muss man der gesamten Gesellschaft die Möglichkeit geben, sich umfassend mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Zum anderen muss auch den Parlamenten die nötige Zeit eingeräumt werden, um einen ausführlichen und fundierten Diskurs zu führen. Gerade bei medizinethischen Fragen wie der des Schwangerschaftsabbruchs ist es essenziell, einen parteiübergreifenden Dialog zu führen, der die verschiedenen Perspektiven der Betroffenen umfassend berücksichtigt.
Die alleinige Verlagerung der Regelung außerhalb des Strafgesetzbuches reicht meines Erachtens nicht aus, um die Rahmenbedingungen für diesen medizinischen Eingriff angemessen zu gestalten. Es ist unabdingbar, die Beratungsstellen auszubauen, damit Frauen eine fundierte und vor allem ideologiefreie Beratung erhalten, die sie in ihrer Entscheidungsfindung unterstützt. Außerdem muss der Schwangerschaftsabbruch im Medizinstudium stärker thematisiert werden, um die Versorgungslage zu verbessern. Die derzeitige medizinische Infrastruktur wird den Anforderungen nicht gerecht. Insbesondere in ländlichen Regionen fehlen häufig ausreichende Angebote. Zusätzlich stellt die fehlende Kostenübernahme durch Krankenkassen für viele Frauen ein erhebliches Problem dar.
Als Mitglied des Europäischen Parlaments habe ich keinen direkten Einfluss auf die Gesetzgebung im Deutschen Bundestag. Dennoch setze ich mich auf europäischer Ebene seit Jahren für Frauenrechte und den Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen ein – europaweit und mit Nachdruck.