Hat die Wirtschaft für Sie den gleichen Stellenwert wie ein Bürger dieses Landes und entsprechende Grundrechte?
Sehr geehrte Frau Hahn,
ich hatte letzte Woche ein Plakat mit Ihrem Konterfei für die Europawahl gesehen, auf dem folgender Slogan stand: “Wirtschaft liebt Freiheit genauso wie du”.
Den Begriff Freiheit verbinde ich mit Personen und demzufolge mit Art. 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes, der da lautet: „Die Freiheit der Person ist unverletzlich.“ Ich würde deshalb auch nicht ansatzweise auf die Idee kommen zu sagen, dass die Wirtschaft Freiheit liebt. Die Wirtschaft ist weder eine Person noch kann sie lieben. Die Menschen, die Unternehmen führen/leiten/besitzen etc. und deshalb wirtschaften, lieben es sicher, wenn sie völlig frei wirtschaften können, also keinen Zwängen der Gesellschaft unterliegen. Das gilt sicher nicht nur für Drogenkartelle, sondern auch für „normale“ Wirtschaftsunternehmen. Ich denke dabei u. a. nicht nur an Cum-Ex-Geschäfte, sondern auch an Karstadt/Galeria/Kaufhof die seit sicher schon 20 Jahren mit staatlicher Unterstützung geplündert und ausgebeutet werden.
Sehr geehrter Herr E.,
vielen Dank für Ihre Frage. Für uns Freie Demokraten steht die Freiheit des einzelnen Menschen in Verantwortung für andere an erster Stelle. Sie ist untrennbar mit einer vielfältigen, selbstbestimmten und offenen Gesellschaft verbunden. Wir sehen die EU als eine Wertegemeinschaft, welche die Freiheit des Einzelnen schützen muss.
Eine freie Gesellschaft geht mit einer freien Wirtschaft einher. Denn wir alle sind die Wirtschaft, ob als Verbraucherin, kreativer Entwickler, Unternehmerin oder Angestellter. Deutschland und die EU brauchen eine starke Wirtschaft. Die immer weiter zunehmenden Bürokratielasten drohen aber, neues Wirtschaftswachstum schon im Keim zu ersticken. Unter EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) wurde fortlaufend zusätzliche Bürokratie geschaffen. Mittlerweile sind 57 Prozent der bürokratischen Belastungen in Deutschland auf EU-Gesetze zurückzuführen. Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere Betriebe, sowie Selbstständige sehen sich angesichts dieser Regulierungswut gezwungen, wertvolle Energie und Zeit für die Bewältigung immenser bürokratischer Anforderungen aufzuwenden. Das kann die EU sich nicht länger leisten. Denn sonst finden wirtschaftliche Dynamik und Fortschritt außerhalb der EU statt und Arbeitsplätze sowie Wohlstand stehen auf dem Spiel. Daher braucht Wirtschaft wieder Luft zum Atmen, und eben mehr Freiheit. Das ist selbstverständlich nicht mit völliger Regellosigkeit zu verwechseln, denn Wirtschaft wie Gesellschaft brauchen auch faire Spielregeln.
Mit herzlichen Grüßen,
Svenja Hahn