Warum wird die Neusaustellung von Dokumenten im Regierungsentwurf des SBGG eingeschränkt?
Sehr geehrte Herr Lehmann,
Der Referentenentwurf des Selbstbestimmungsgesetes sah vor, dass trans, inter und nicht-binäre Menschen alle Dokumente mit ihrem vorherigen Namen oder Geschlechtseintrag neuaustellen lassen können. Das enstspricht auch weitestgehend der Praxis des TSG, wo sich das Anrecht auf Änderung aus dem Offenbarungsverbot ableitet. Der neue Regierungsentwurf schränkt dies deutlich ein. So soll die Regelung nur noch für bestimmte Dokumente gelten. Auch muss nun ein berechtiges interesse glaubhaft gemacht werden, dabei sollte dieses aufgrund des Offenbarungsverbots bereits ersichtlich sein. Auch müssen Dokumente nun im orignal zurückgegeben werden.
Diese Regelungen könnten genutzt werden, um trans, inter und nicht-binäre Menschen die Änderung zu verweigern und weiter zu diskriminieren.
Wieso ist die Änderung auf bestimmte Dokumente beschränkt worden?
Wieso muss nun ein berechtiges Interesse glaubhaft gemacht werden?
Mit freundlichen Grüßen
Jasmin L.
Guten Tag Jasmin L.,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Mit dem Selbstbestimmungsgesetz werden wir über 40 Jahre diskriminierendes Transsexuellengesetz (TSG) überwinden und demütigende Zwangsbegutachtungen sowie staatliche Bevormundung beenden. Ende August hat die Bundesregierung den Gesetzentwurf zum Selbstbestimmungsgesetz beschlossen und den Gesetzentwurf Bundestag und Bundesrat zur parlamentarischen Beratung zugeleitet.
Der Gesetzentwurf der Regierung ist ein Kompromiss zwischen verschiedenen Ministerien mit unterschiedlichen Interessen.
Der Entwurf für das Selbstbestimmungsgesetz sieht unter anderem vor, dass Betroffene eine Anpassung von Angaben zum Geschlecht und zu den Vornamen in Registern und Dokumenten verlangen können. Das entspricht der geltenden und bewährten Rechtslage.
Die Ausstellung der im § 10 Absatz 2 SBGG-E aufgelisteten Dokumente mit dem geänderten Geschlechtseintrag und den geänderten Vornamen wird im Gesetzesentwurf von der Glaubhaftmachung des berechtigten Interesses abhängig gemacht. Im Gesetzentwurf wird dies wie folgt begründet:
„(…) Absatz 2 regelt bundesweit, dass bestimmte, bereits vorhandene Dokumente an den geänderten Geschlechtseintrag und die geänderten Vornamen angepasst werden können, soweit ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht werden kann. Ein solches Interesse liegt in der Regel vor, wenn die Notwendigkeit einer Anpassung zur Erzielung einer Übereinstimmung der Angaben in dem jeweiligen Dokument mit dem geänderten Geschlechtseintrag bzw. Vornamen glaubhaft gemacht wird. Die Norm stellt eine Anspruchsgrundlage dar, nach welcher die jeweils ausstellende Stelle der Person, die den Geschlechtseintrag und die Vornamen geändert hat, die Dokumente neu ausstellen muss. Damit dient Absatz 2 genauso wie Absatz 1 der Durchsetzung des in § 13 Absatz 1 Satz 1 SBGG normierten Offenbarungsverbots.“
Aktuell befindet sich der Entwurf für ein Selbstbestimmungsgesetz im parlamentarischen Verfahren und die Ampel-Fraktionen verhandeln Änderungen und Verbesserungen am Gesetzesentwurf. Auch § 10 Abs. 2 SBGG-E ist Gegenstand der Beratungen. Die grüne Bundestagsfraktion setzt sich dafür ein, dass die Ausstellung neuer Dokumente einfach möglich sein und Rechtsunsicherheit vermieden werden sollte. Eine Einigung muss zwischen den Ampel-Fraktionen erzielt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Sven Lehmann