Warum gibt es kein deutlicheres Signal in Richtung Iran? Was denken Sie von Abschiebestopps in den Iran? Und wie kann man Iraner*innen in Deutschland vor Spionageaktionen auf Demos schützen?
Sehr geehrter Herr Lehmann,
ich habe die Rede der Außenministerin im Deutschen Bundestag anlässlich der aktuellen Stunde zur Situation im Iran gehört, aber es hat mir an einer deutlichen Botschaft in Richtung des Irans gefehlt (wie ich es sonst von der Außenministerin kenne). Die letzten Nachrichten aus dem Südosten von Iran berichten von vielen Toten, die erschossen wurden. Iranische Künstler*innen werden inhaftiert, weil sie ihre Solidarität zu den Menschen auf den Straßen bekunden. Wenn wir uns als freiheitliche, demokratische Republik für universelle Menschenrechte einsetzen, dann müssen wir doch gerade die, die diese mit Füßen treten, outcallen und mit Reaktionen gegen ihr Handeln vorgehen, die sie treffen. Individualsanktionen sind sicherlich der Anfang, aber doch längst nicht alles? Zudem berichten immer wieder Menschen in Deutschland von Spionageaktionen auf Demos. Es werden Videoaufzeichnungen angefertigt, mit denen man Menschen identifiziert. Was lässt sich dagegen tun?
Guten Tag Frau D.,
vielen Dank für Ihre Frage vom 03. Oktober.
Wir Grüne haben uns von Anfang an hinter die Proteste im Iran gestellt. Der ungeheure Mut von Frauen und allen weiteren Protestierenden, die sich der Sittenpolizei und Unterdrückung widersetzen, hat unsere volle Solidarität und Unterstützung.
So hat unsere Außenministerin Annalena Baerbock bereits am 26. September den iranischen Botschafter einbestellt und klargemacht, dass die eskalierende Gewalt gegen die Demonstrierenden Konsequenzen für das Regime haben wird. Durch den Einsatz von Außenministerin Baerbock, des Auswärtigen Amtes und unseren europäischen Partnern, ist es uns gelungen, in Rekordzeit ein EU-Sanktionspaket gegen das iranische Regime auf den Weg zu bringen. Diese sind darauf ausgerichtet, die für die brutale Niederschlagung der Proteste Verantwortlichen zu treffen. Darüber hinaus setzen wir uns für weitere Sanktionen ein. So werden Visa für Inhaber von offiziellen Pässen eingeschränkt und die Einreise für Angehörige von EU-gelisteten Organisationen erschwert. Außerdem haben wir uns für einen UN-Sonder-Menschenrechtsrat eingesetzt, der erst kürzlich eine Resolution zur Verurteilung und Untersuchung des Vorgehens des iranischen Regimes gegenüber der Bevölkerung beschlossen hat.
Neben diesen Maßnahmen werden wir demokratische Zivilgesellschaftliche aus dem Iran in Deutschland bei ihrer Arbeit unterstützen. Hierzu gehört unter anderem ihren Schutz durch deutsche Sicherheitsbehörden zu erhöhen sowie konsequent gegen iranische Agentinnen und Agenten in Deutschland vorzugehen und sie auszuweisen. Ebenso werden wir prüfen, ob und wie das „Islamische Zentrum Hamburg“ als Drehscheibe der Operationen des iranischen Regimes in Deutschland geschlossen werden kann. Ebenfalls drängen wir als Grüne im Bundestag auf einen bundesweiten Abschiebestopp der Bundesländer in den Iran. Zusätzlich setzen wir uns dafür ein, dass für Iranerinnen und Iraner bei Asylverfahren insbesondere die politische Verfolgung aufgrund des Geschlechts, der sexuellen Orientierung und Identität sowie der Konvertierung zu einer anderen Religion als Asylgründe anerkannt werden.
Zu diesen Zwecken haben wir als Fraktion, zusammen mit unseren Koalitionskolleg*innen, einen Antrag zur Unterstützung der Protestbewegung im Bundestag beschlossen. Diesen finden Sie unter folgendem Link: https://dserver.bundestag.de/btd/20/043/2004329.pdf .
Mit besten Grüßen
Sven Lehmann MdB