Sehr geehrter Herr Lehmann, bzgl. des Konflikts zwischen Griechenland und der Türkei würde mich Ihre Bewertung des Verhaltens beider Länder/Regierungen interessieren.
Des Weiteren würde mich interessieren, wie Sie das Verhalten der NATO und der EU bewerten.
Vielen Dank
Guten Tag Moritz K.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Im Laufe des Jahres 2023 konnten wir eine deutliche Entspannung zwischen Griechenland und der Türkei feststellen. Griechenland unterstützte die Türkei sofort und bedingungslos in der humanitären Krise nach dem verheerenden Erdbeben am 6. Februar 2023. Wir begrüßen es sehr, dass die Regierungen infolgedessen im regelmäßigen Austausch bleiben wollen. Es ist ein Erfolg, wenn das rhetorische und militärische Säbelrasseln ein Ende hat. Hier scheint es in Zukunft auch Potenzial für die Klärung der territorialen Uneinigkeiten der Seegrenze im Mittelmeer zu geben. Die Europäische Union, insbesondere die Bundesregierung aber auch die NATO haben in der Vergangenheit an beide Parteien appelliert, den Disput nicht eskalieren zu lassen und Möglichkeiten zum Dialog zwischen beiden Ländern zu verstärken. Ein militärischer Konflikt zwischen NATO-Staaten muss auch in Zukunft vermieden werden. Auch deshalb unterstützen wir den Vermittlungsprozess, der maßgeblich von deutschen Diplomanten mitgestaltet wird, zwischen der Türkei und Griechenland. Wir erwarten von zwei Staaten im selben Militärbündnis, dass sie sich orientiert am Völkerrecht auf Grenzverläufe auf See einigen. Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass dies möglich ist.
Die territoriale Integrität Griechenlands darf zu keinem Zeitpunkt zur Debatte stehen. Griechenland ist Mitglied der Europäischen Union und die Unterstützung der Sicherheit des Landes ist für uns ein zentrales Anliegen. Wir erwarten, dass auch die türkische Regierung, diese Integrität zu jeder Zeit anerkennt. Dies war der Vergangenheit durch Drohgebärden in Rhetorik und Verhalten nicht der Fall. Die türkische Regierung muss in Zukunft jegliche Rhetorik oder Handeln, das zu einer Eskalation führen kann, unterlassen.
Infolge der türkischen Eskalation ist es in der Vergangenheit zu Sanktionen der EU gegenüber der Türkei gekommen. Dies war zu diesem Zeitpunkt der Sanktionen nötig und richtig. Die türkische Regierung hat in Bezug auf Griechenland einen neuen Weg eingeschlagen, den wir unterstützen. Sie hat in der Hand, wie sich das Verhältnis zwischen der Europäischen Union und der Türkei entwickelt und ob sie sich in Zeiten der Entspannung im Konflikt als verlässlicher Partner der Europäischen Union und kooperatives Mitglied der NATO präsentieren möchte.
Mit freundlichen Grüßen
Sven Lehmann