Frage an Sven Lehmann von Oliver W. bezüglich Familie
Hallo Sven,
ich bin Oliver aus Köln und seit knapp 10 Monaten getrennt erziehender Vater von einer 4 Jahre alten Tochter. Meine Rollenvorstellung als aktiv erziehender Vater, trotz Trennung widerspricht meiner Ex-Partner & Mutter unserer gemeinsamen Tochter.
Leider erlebe ich regelmässig bei Kontakten zu Ämtern, Beratungsstellen oder anderen relevanten öffentlichen Stellen, aktive oder indirekte Diskrimierung wegen meiner aus meiner Sicht zeitgemäßen Vorstellung von Elternschaft.
Das Gesetz gibt uns Eltern die Verantwortung und die Pflicht uns auf verschiedenen Themenfelder nach Trennung zu einigen. Was bei gleicher Vorstellungen sicherlich machbar ist, wenn es zu unterschiedlichen Vorstellungen kommt, mehr als eine komplexe Herausforderung.
Daher habe ich folgende Frage an Sie: Warum schafft es unser Staat nicht uns Eltern in diesem Fall mehr zu unterstützen und die Resolution 2079 (2015) vom 2. Oktober 2015 umsetzen, womit alle Mitgliedstaaten aufgefordert werden, die Doppelresidenz/das Wechselmodell, als bevorzugtes anzunehmendes Modell im Gesetz zu verankern.
Vielen Dank und Grüße aus Köln
O.
Sehr geehrter Herr Weyer,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage zum Doppelresidenz/Wechselmodell.
Familien sind so vielfältig und unterschiedlich, wie die Menschen, die in ihnen leben. Und so ist auch unser Anspruch an ein modernes und kindeswohlorientiertes Familienrecht. Wir wollen vielfältigen Familienkonzepten gerecht werden und das Wohlergehen von Kindern in den Mittelpunkt stellen.
Wir Grüne fordern nicht ein bestimmtes Modell zu privilegieren, sondern wir wollen alle Modelle gleichermaßen ermöglichen. Denn gerade nach einer Trennung oder Scheidung ist es oftmals schwierig, ein geeignetes Modell zu finden, bei dem das Kindeswohl zum Maßstab wird und beide Elternteile im selben Maße Verantwortung übernehmen. Weil die gemeinsame Elternschaft so wichtig ist für ein Kind, braucht es vor allem Mediation und Begleitung in Konfliktsituationen. Neben einem qualifizierten Beratungsangebot benötigt es allerdings auch die Bereitschaft der Elternteile, aufeinander zuzugehen und gemeinsamen Lösungen nicht im Wege zu stehen.
Die Frage, wie sich Eltern die Verantwortung im Alltag aufteilen und dabei ihren Kindern gerecht werden, ist komplex und muss stets individuell beantwortet werden. So ist bei einem hohen Konfliktniveau zwischen den Eltern ein Wechselmodell als Norm nicht ratsam, da es das Kind stark belasten kann. Wir plädieren deshalb für Einzelfallentscheidungen und die Auseinandersetzung mit der familiären Situation, bevor über ein Modell entschieden wird. Starre juristische Verordnungen in hochstritten Fällen lehnen wir entschieden ab. Darüber hinaus setzen wir uns ein, dass rechtliche Hürden, wie sie z.B. beim Wechselmodell bestehen, identifiziert und abgebaut werden. So etwa im Unterhaltsrecht oder durch einen Umgangsmehrbedarf im Sozialrecht.
Egal ob Residenz-, Nest- oder Wechselmodell. Maßgeblich muss in jedem Fall das Kindeswohl sein. Dies sollte der Maßstab für ein modernen Familienrecht sein, für welches wir uns als Bundestagsfraktion einsetzen.
Ich hoffe, Ihre Frage damit beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Sven Lehmann MdB