Frage an Susanne Ferschl von Wolfgang K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
In Ihrem Wahlkreis umgehen offenbar Zeitarbeitsfirmen und Ausleihende Firmen gezielt und systematisch die gesetzlichen Bestimmungen zur Ausleihdauer von Leiharbeitern.
Was würden Sie konkret unternehmen, um dagegen vorzugehen?
Wie können die gesetzlichen Vorgaben nachgebessert werden, um das für die Zukunft einzudämmen?
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für ihre wichtige und zentrale Frage.
In der Leiharbeitsbranche ist es leider Gang und Gäbe, dass Betriebe die gesetzlichen Regelungen unterlaufen. Das passiert nicht nur in Kaufbeuren, sondern flächendeckend in Deutschland. Möglich und legal ist das, weil das „Arbeitnehmerüberlassungsgesetz“ (AÜG) sogenannte Tariföffnungsklauseln vorsieht. Wenn also Arbeitgeber in der Leiharbeitsbranche mit Gewerkschaften Tarifverträge abschließen, können darin Vereinbarungen getroffen werden, die es etwa ermöglichen Beschäftigte für einen weitaus längeren Zeitraum als es gesetzlich vorgesehen ist, als Leiharbeitnehmer/in zu beschäftigten. Das gilt nicht nur für die Überlassungsdauer, sondern auch für den Grundsatz der gleichen Bezahlung, auf den laut Gesetz nach 9 Monaten ein Anspruch besteht. Da bekam die rot-schwarze Regierung offenbar Angst vor der eigenen Courage, als sie diese neuen Regelungen zur Höchstüberlassungsdauer und zum Verdienst in das Gesetz schrieb. Denn auch hier wurde die Möglichkeit ins Gesetz aufgenommen, per Tarifverträgen abweichende Regelungen zu vereinbaren. Diese Art der Tarifbindung ist nichts als ein Hohn für die Beschäftigten.
Übrigens: Selbst die Leiharbeitsbranche kritisiert, dass die gesetzlichen Regelungen zur gleichen Bezahlung nach 9 Monaten ins Leere laufen. Denn viele Einsatzfirmen beenden deswegen die Einsätze von Leiharbeitenden nach 9 Monaten und engagieren einfach einen neuen Leiharbeiter. In einem Gespräch, dass ich erst kürzlich in Memmingen mit Vertretern von Randstad führte, forderten diese sogar mehr Kontrollen seitens der zuständigen Bundesagentur für Arbeit, um sicherzustellen, dass die gesetzlichen Regelungen eingehalten werden.
Wir als LINKE fordern ebenfalls deutlich mehr und effektive Kontrollen, um wenigstens die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen sicherzustellen. Das allein reicht aber nicht, um Leiharbeit effektiv einzudämmen!
Wir wollen, dass diese Diskriminierung und Spaltung von Belegschaften in Stammbeschäftigte und Leiharbeiter/innen besser heute als morgen beendet wird. Deshalb wollen wir Leiharbeit langfristig verbieten. Um aber die schlimmsten Auswüchse der Leiharbeitsbranche kurzfristig einzudämmen, fordert DIE LINKE als Sofortmaßnahme, dass Beschäftigte in der Leiharbeit ihren festangestellten Kolleginnen und Kollegen im Einsatzbetrieb vom ersten Tag an gleichgestellt werden – ohne Fristen und andere Ausnahmen. Folgende Maßnahmen sind unserer Ansicht nach sofort zu ergreifen, um Arbeitnehmerrecht zu schützen und zu stärken sowie Leiharbeit einzudämmen:
1.) Gleicher Lohn für gleiche Arbeit: Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter müssen ab dem ersten Einsatztag in einem entleihenden Unternehmen den gleichen Lohn erhalten, ohne dass ein Tarifvertrag schlechtere Bedingungen vorsehen darf. Außerdem erhalten sie zusätzlich eine Flexibilitätsprämie.
2.) Begrenzung der Überlassungshöchstdauer: Die Dauer, für die Leiharbeiter und Leiharbeiterinnen an ein und dasselbe Unternehmen verliehen werden können, darf drei Monate auf keinen Fall überschreiten.
3.) Ausweitung der Mitbestimmung: Betriebsräte müssen über den Einsatz von Leiharbeit mitbestimmen können und ein Veto-Recht haben, wenn Stammarbeitsplätze ersetzt werden sollen.
Ende dieses Jahres werden die Tarifverträge für die Leiharbeitsbranche neu verhandelt. Anfang kommenden Jahres will die Bundesregierung die 2017 in Kraft getretenen Neuregelungen im Arbeitnehmer-überlassungsgesetz (AÜG) evaluieren. Es wird also sicher reichlich öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema Leiharbeit geben. Wir freuen uns, wenn Sie unsere Position in ihrem Bekannten- und Kollegenkreis bekannt machen. Da wir im Parlament über keine Mehrheit verfügen, sind wir umso stärker auf Unterstützung und Druck von außerhalb des Parlaments angewiesen.
Ich danke Ihnen und grüße Sie herzlich
Susanne Ferschl