Man sieht mich im Treppenhaus des Abgeordnetenahuses vor einer weißen Wand stehen. Ich trage ein schwarzes T-Shirt, eine braune Jacke und lache.
Susanna Kahlefeld
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Stefan K. •

Frage an Susanna Kahlefeld von Stefan K. bezüglich Soziale Sicherung

Liebe Frau Kahlefeld,

ich stelle an Sie die gleiche Frage wie an Frau Schwarzer von der CDU.

Mich hat der unten verlinkte Beitrag im Deutschlandfunk bestürzt. Er beschreibt eine reale Situation.
Immer mehr Hartz 4-EmpfängerInnen in Berlin zahlen mit ihren knapp 400 Euro Hilfe zum Lebensunterhalt Teile der Miete. Denn die Jobcenter sind nur bereit, einen Mindestbetrag für die Kosten der Unterkunft beizutragen.
Dieser Mindestbetrag reicht eventuell für eine Abstellkammer in Kladow aus, definitiv aber nicht (mehr) für eine 1ZW in Ihrem Wahlbezirk.

Die Aufforderung der Behörde an Hilfsbedürftige, die Wohnung bitte zu verlassen oder selber zu bezahlen, ist eine Zerstörung der Lebensgrundlage von vielen Menschen. Beim derzeitigen Wohnungsmarkt ist eine Alternativwohnung nicht sonderlich aussichtsreich. Sollte jemand die Wohnung nicht mehr zahlen können, droht durch Mietschulden letztlich die Obdachlosigkeit.
In dem Fall würde das JobCenter eventuell mit der Unterbringung in einem Hostel einspringen, ähnlich wie bei Geflüchteten.
Das kostet dann aber deutlich über 1000 Euro pro Monat, deutlich mehr als die "zu teure" Wohnung.

Gibt es eine Möglichkeit der Bundespolitik, diesen Denkfehler zu beheben? Zu verhindern, dass die Verdrängung aus Stadtteilen nicht nur theoretisch (Gentrification) stattfindet, sondern durch Behörden praktisch organisiert wird?

Vielen Dank für Ihre Antwort.

http://www.deutschlandfunk.de/hartz-iv-empfaenger-in-berlin-programmiert-der-weg-in-die.862.de.html?dram%3Aarticle_id=392669

Man sieht mich im Treppenhaus des Abgeordnetenahuses vor einer weißen Wand stehen. Ich trage ein schwarzes T-Shirt, eine braune Jacke und lache.
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr K.,

Sie haben vollkommen Recht mit Ihrem Ärger über die derzeitige Gesetzeslage: Es ist ein Unding, dass Menschen im Leistungsbezug von dem knappen Geld, das sie zum Leben bekommen, Miete zahlen müssen. Es ist politisch völlig inakzeptabel, dass aus Steuergeldern völlig überteuerte Mieten in Unterkünften bezahlt werden müssen, um Menschen unterzubringen, die durch die Miet-Exzesse auf dem Wohnungsmarkt obdachlos werden. Die Armen und die Allegemeinheit der Steuerzahler*innen werden von den Vermieter*innen ganz legal abgezockt, weil die Gesetze sind, wie sie derzeit sind.

1989 haben CDU und FDP die Wohngemeinnützigkeit abgeschafft. In den 80er Jahren gab es noch 2,4 Millionen Sozialwohnungen, seitdem sind über 2 Millionen Sozialwohnungen verloren gegangen - durch Privatisierung und das Auslaufen der Sozialbindungen. Die Bundesregierung gibt an, durch die Abschaffung der Wohngemeinnützigkeit 140 Millionen Euro gespart zu haben. Tatsächlich fließen aber derzeit jährlich 1,5 Milliarden in Sozialtransferns für Wohnen (Wohngeld un Kosten der Unterkunft). Wir wollen eine neue Wohngemeinnützigkeit, um den anteil an Sozialwohnungen in Deutschland wieder zu erhöhen. Wir wollen, dass einmal geförderte Wohnungen für immer gebunden bleiben. Wien macht es vor: Dort wird in Wohnungsbauförderung für niedrige Mieten investiert (auch Modernisierungen) statt für private Eigentümer teure Mieten durch Wohngeld zu garantieren. Da auch durch die neue Wohngemeinnützigkeit der Bestand an Sozialwohnungen erst noch wachsen muss, befürworten wir auch eine Anhebung des Wohngeldes.

Wir wollen auf Bundesebene die Lücken im Bau- und mietrecht schließen (u.a. Umwandlungsverordnung und Mietpreisbremse wirkungsvoll machen) und setzen auf der Landesebene derzeit verstärkt auf das Vorkaufsrecht. Wir wollen außerdem den Milieuschutz zu einem Mieterschutzinstrument weiter entwickeln und wir deutlich mehr Milieuschutzgebiete in Berlin. - Vergessen Sie nicht: Es war die SPD in Neukölln, die die Einrichtung von Milieuschutzgebieten in der letzten Legislatur abgelehnt hat! Die derzeitige Mietexposion und die Zerstörung der Kieze durch Mietspekulation (auch im Bereich der Gewerbemieten, die Kitas und Vereine verdrängen) gehen in unserem Bezirk auf ihr Konto.

Ich hoffe, dass ich Ihnen antworten konnte - für mehr Details können
Sie sich gerne direkt an mich wenden.

Mit den besten Grüßen,

Susanna Kahlefeld

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