Man sieht mich im Treppenhaus des Abgeordnetenahuses vor einer weißen Wand stehen. Ich trage ein schwarzes T-Shirt, eine braune Jacke und lache.
Susanna Kahlefeld
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Sascha A. •

Wie - ganz konkret - setzen Sie sich für eine Waffenruhe/-embargo in Gaza/Lebanon ein?Laut Menschenrechtsorganisationen werden hunderte Zivilisten und Kinder ermordet. Das muss ein Ende haben!

Man sieht mich im Treppenhaus des Abgeordnetenahuses vor einer weißen Wand stehen. Ich trage ein schwarzes T-Shirt, eine braune Jacke und lache.
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr A.

anders als andere Politiker:innen tue ich nicht so, als könnte ein Bundesland internationale Diplomatie betreiben. Ich habe keine Amt, das mich verpflichtet oder es mir ermöglicht, irgendwohin zu fliegen und mit Regierungen anderer Länder zu reden. Ich kann auch nicht bestimmen, welche humanitären Programme gestoppt werden oder weiter laufen.

Ich bin direkt gewählte Abgeordnete in einem der nordneuköllner Wahlkreise. Daraus ergibt sich meine Aufgabe – und meine ganz konkrete Verantwortung.

In Nord-Neukölln – und dazu gehört ja auch die Warthestraße, in der Sie wohnen – leben viele Palästinenser:innen und viele Israel:innen. Letztere sind in den letzten Jahren in unseren Bezirk gezogen, weil sie sich hier wohl fühlen. Ich pflege den Kontakt zu den verschiedenen Communities seit vielen Jahren. Arabische (was nicht automatisch heißt: palästinensische) Aktivistinnen kenne ich zum Teil seit gut 20 Jahren, religiöse und säkulare. Meine Aufgabe sehe ich darin, in Berlin den Gruppen Gehör zu verschaffen und unsere herkunftsübergreifenden Arbeitszusammenhänge jetzt lebendig zu halten, den zunehmenden Antisemitismus (und ich meine wirklich Antisemitismus, nicht Kritik an Israels Regierung) zu benennen, den unsäglichen Vorverurteilungen von arabischen und palästinensischen Menschen zu widersprechen – vor allem, was die Schulen angeht. Lehrer:innen sind überfordert, wenn sie Antisemitismus von Betroffenheit und Verzweiflung unterscheiden sollen, mit beidem können sie im Schulalltag nicht umgehen. Es ist wichtig, dass zum Schutz der Kinder und Jugendlichen jetzt die Organisationen in die Schulen kommen, die diese Kompetenz haben. Wichtig ist auch, dass die 20 Mio. für 2024 und 2025, die von der CDU-SPD-Koalition für „Projekte gegen Antisemitismus“ in den Haushalt eingestellt wurden, an Akteure gehen, die das Zusammenleben in der Stadt unterstützen und nicht an solche, die in den Spaltungsdiskursen ihre Chance für Aufmerksamkeit und Verdienstmöglichkeiten sehen. - Sie wissen, dass Neukölln von Presse und Wichtigtuer:innen als Negativfolie genutzt wird, um Schlagzeilen zu produzieren und sich als „Islamkritiker:innen“ etc. ins Spiel zu bringen. Der 7. Oktober 2023 und die entsetzlichen Zerstörungen in Gaza haben bei manchen zu einer Art „Goldgräberstimmung“ geführt. Das ist Gift für unseren Bezirk. Ich arbeite mit denen, die versuchen, mit aller Kraft dem Hass etwas entgegen zu setzen.

Als Neuköllner:innen können wir nicht diesen hochkomplexen Konflikt lösen, in dem seit Anbeginn zig Akteure ihre jeweilige Agenda verfolgen - was die Ausweitung auf den Libanon jetzt wieder zeigt. Aber den Schmerz und die Angst unserer Nachbar:innen ernst nehmen, sich klar gegen Gewalt stellen, Stellung beziehen gegen antimuslimischen Rassismus und Antisemitismus, Räume schützen, in denen noch Gespräche möglich sind – das können und müssen wir tun. Ich sehe das als meine politische Aufgabe in Neukölln.

Im Übrigen möchte ich Sie darauf verweisen, dass Außenministerin Anna-Lena Baerbock die humanitäre Hilfe für die Palästinenser:innen seit dem 7. Oktober auf über 313 Millionen Euro erhöht hat. Mehr Informationen finden Sie hier: https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/regierungspressekonferenz/2679118 Das ist nicht Nichts. Aber was die Region braucht, ist Frieden. Die Geiseln müssen freigelassen werden und das Töten muss enden.

Ich hoffe, dass ich Ihnen konkret genug antworten konnte.

Mit freundlichen Grüßen,

Susanna Kahlefeld

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