Man sieht mich im Treppenhaus des Abgeordnetenahuses vor einer weißen Wand stehen. Ich trage ein schwarzes T-Shirt, eine braune Jacke und lache.
Susanna Kahlefeld
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Gisela G. •

Frage an Susanna Kahlefeld von Gisela G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Damen und Herren,

in der Karl-Marx-Straße, 12055 Berlin soll auf einem 11.000qm großen Grundstück eine Flüchtlingsunterkunft entstehen. Ich möchte gern wissen, ob die dort untergebrachten Flüchtlinge von Anfang an in das Neuköllner Alltagsleben intergriert werden. D.h. dass sie natürlich von vorn herein erstmal deutsch lernen, einen Arbeitsplatz und einen Kita-platz erhalten, sowie ggf. die Schule besuchen. Erfahren die Menschen etwas über die deutsche Kultur?

Warum werden keine Flüchtlinge in Wilmersdorf, Zehlendorf, Köpenick und ähnlich privilegierten Bezirken untergebracht?

Gibt es Kurse für Neuköllner, wo diese die arabische Lebensart erlernen können?

Gibt es Nachbarschaftinitiativen wo die Menschen beider Kulturen einander begegnen?

Dergleichen Fragen hätte noch mehr. Möchte das hier allerdings erstmal beschränken.

Mit freundlichen Grüßen

Gisela Gülbahar

Man sieht mich im Treppenhaus des Abgeordnetenahuses vor einer weißen Wand stehen. Ich trage ein schwarzes T-Shirt, eine braune Jacke und lache.
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Gülbahar,

vielen Dank für Ihre Zuschrift – ich denke, die Antworten auf Ihre Fragen werden auch für andere Menschen von Interesse sein.

Es gibt in Neukölln zwei Bürger-Initiativen, die sich schon seit gut zwei Jahren um die hier lebenden Flüchtlinge kümmern – und das vom ersten Tag ihrer Ankunft an. Die eine Initiative ist für die Haarlemerstraße aktiv. Vielleicht haben Sie schon einmal eine Einladung zu einer der Informationsveranstaltungen, Sportfeste oder gemeinsame Essen bekommen?

Die zweite Initiative kümmert sich bisher um den Mariendorfer Weg und wird zukünftig auch die neue Unterkunft betreuen. Sie sind dort willkommen, wenn Sie Fragen haben oder sich selber einbringen möchten. Beide Initiativen sind aber auch miteinander und mit den vielen Unterstützerinitiativen in der Stadt vernetzt, um sich auszutauschen und zu unterstützen.

Die Neuköllner Initiativen finden Sie hier: http://www.buendnis-neukoelln.de

- Die Initiativen sammeln Kleidung, Spielsachen, Schuhe … alles, was die neu angekommenen Menschen brauchen.
- Sie betreuen die Kinder, wenn die Eltern zu Ämtern müssen oder im Deutschkurs sitzen. Das ist auch deshalb wichtig, weil diese Kinder so lange nicht entspannt spielen und Kind sein konnten.
- Sie organisieren Deutschkurse bis die Menschen einen Platz in einem Deutschkurs bekommen, denn das kann lange dauern.
- Sie übersetzen und helfen bei Arztbesuchen und beim Gang zu den verschiedenen Ämtern – das ist eine große Erleichterung auch für die Mitarbeiter*innen in den Ämtern.
- Sie helfen beim Suchen von Wohnungen und haben für alle, die neu dazu kommen und sich engagieren wollen Info-Material entwickelt, damit nicht jede*r wieder bei Null anfangen und sich durchfragen muss. Denn man muss, um angemesssen helfen zu können, auch eine Menge über Wohnungssuche, Adressen von Ämtern, Ärtze mit Sprachkentnissen, anlaufstellen für Traumatisierte etc wissen.
Nicht zuletzt: Wir haben in den letzten Jahren immer wieder Veranstaltungen für die Anwohner und Anwohnerinnen organisiert, um Möglichkeiten zur Begegnung zu schaffen.

Ich beteilige mich an beiden Initiativen, auch der Grüne Stadtrat ist meistens in den Sitzungen, um den schnellen Draht ins Bezirksamt herzustellen. Der Senat hat jetzt dem Bezirk eine Mitarbeiterin zur Verfügung gestellt, die den Ehrenamtlichen bei ihrer Arbeit unter die Arme greifen soll.

Für die Flüchtlinge ist es wichtig, hier so schnell wie möglich ein neues Leben beginnen zu können. Dazu gehören Schule, Kitas, Anerkennung der Berufsqualifikation, Gesundheitsversorgung (viele haben Verletzungen durch Krieg und Flucht) aber auch der Kontakt zu den hiesigen Nachbarn. Und danach haben Sie ja besonders gefragt.

Der Betreiber der neu entstehenden Unterkunft in der Karl-Marx Straße nimmt schon seit über einem Jahr regelmäßig an den Treffen der Initiative teil und wir sind froh, dass nun endlich vom LAGeSo die Bewilligung für diesen Betreiber erteilt wurde. Wir hoffen auf gute Qualitätsstandarts in der Unterbringung und auf eine gute Zusammenarbeit des Betreibers mit den Initiativen. Das ist leider alles andere als selbstverständlich.

Neukölln hat ganz lange gar keine Flüchtlinge aufgenommen – anders als z.B. der Bezirk Lichtenberg. Das ist auch einer der ärmeren Bezirke, hat dennoch mit am meisten und schaffen es, die Geflüchteten sehr gut zu betreuen, weil dort eine engagiert Integrationsbeauftragte mit den Nachbar*innen vor Ort war.

Im Moment ist Neukölln mit nur 486 Flüchtlingen auf dem letzten Platz in Berlin, mit großem Abstand zu den anderen. Lichtenber hat am meisten mit 2.586, Wilmersdorf 1.599, Köpenick 1.340. Das liegt u.a. auch daran, dass im Norden Neuköllns kaum Unterbringungsmöglichkeiten sind. Im Süden allerdings sieht das anders aus: Dort könnte vielleicht Platz gefunden werden, damit sich Neukölln an einer gerechten Unterbringung der Menschen beteiligen kann. Alle müssen aufnehmen - und können das auch.

Am kommenden Sonntag, den 6.9. findet auf dem Kranoldplatz ab 14 Uhr ein Sommerfest für die Geflüchteten und ihre Unterstützer*innen statt. Kommen Sie doch vorbei und machen Sie sich ein Bild. Lernen Sie uns und die Flüchtlinge kennen! Ich würde mich freuen, Sie dort zu sehen.

Mit freundlichen Grüßen

Susanna Kahlefeld

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