Frage an Stephanie Jung von Peter W. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrte Frau Jung,
warum werden ehemalige Studenten, die sich mit falschen Angaben Leistungen nach dem BAföG erschlichen haben, deutlich milder oder überhaupt nicht wegen Betrug bestraft, als Arbeitslose oder Sozialhilfeempfänger bei gleicher Schadenshöhe, die die Wiederaufnahme einer Beschäftigung nicht der zuständigen Stelle angezeigt haben? Warum gibt es für Studenten einen "Akademiker-Bonus"? Sind Akademiker weniger kriminell, wenn sie den Staat betrügen? Wo liegt der Unterschied in der Strafwürdigkeit?
Warum wird auf einzelne Verfahren wegen BAföG-Betrug im OLG-Bezirk München gezielt (!) Einfluß auf die Arbeit der Justiz genommen, um eine Bestrafung der Täter zu verhindern?
Sehr geehrter Herr Weber,
es gibt in München jährlich ca. 2.000 Verfahren wegen BAföG-Betrug. Einige davon enden mit einer Geldstrafe und in manchen, besonders dreisten Fällen--wenn der Beklagte etwa ein Vermögen verschwiegen hat und trotzdem BAföG bezogen hat--kommt es zu Bewährungsstrafen. Dabei kommt es immer darauf an, ob nach Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht geurteilt wird.
Ihre Pauschal-Vorwürfe gegen die Gleichbehandlung vor dem Gesetz kann ich nicht nachvollziehen. Sie nennen auch keine Belege. Es gibt in diesem Land ebenso wenig für Studenten einen "Akademiker-Bonus", wie die "Florida-Rolfs" und "Viagra-Kalles" einen Abzocker-Bonus wegen möglichen Sozialhilfebetrug haben. Dass man bei manchem Urteil, das durch die Presse geistert--ich persönlich denke gerade an Ludwig-Holger Pfahls, den offensichtlich ein m.E. viel zu mildes Urteil erwartet--entweder am eigenen Rechtsempfinden oder an der Justiz zweifelt, ist allzu menschlich und ein Standardphänomen. Aber Verschwörungstheorien sollte man daraus nicht ableiten, sondern sich ernsthaft mit der Materie beschäftigen und sich vielleicht einmal mit Rechtsexperten darüber unterhalten. Das relativiert manches. Im Übrigen gibt es für alle demokratische Politiker in diesem Land keinen Anlass, an der Zuverlässigkeit und Unabhängigkeit unserer Justiz zu zweifeln. Es sollte dabei bleiben: Die Politik ist für die Gesetze zuständig, die Gerichte für deren Anwendung.
Viele Grüße
Stephanie Jung