Porträt von Stephanie Aeffner
Stephanie Aeffner
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Thomas W. •

Jobcenter: müssen 25-jährige Hochschulabsolventen und 60-jährige Arbeitslose die gleiche verpflichtende Maßnahme absolvieren?

Sehr geehrte Frau Aeffner
ich würde gerne mehr über die verpflichtenden Maßnahmen des Jobcenters erfahren. Könnten Sie mir bitte mitteilen, ob diese Maßnahmen für alle Bürger gelten und ob sie von allen Betroffenen in Anspruch genommen werden müssen? Falls nicht, welche Schritte werden unternommen, wenn jemand sich weigert, an diesen Maßnahmen teilzunehmen?
Des Weiteren würde ich gerne verstehen, was der Zweck dieser verpflichtenden Maßnahmen ist. Werden Hochschulabsolventen und Migranten in dieselben Maßnahmen einbezogen? (Ukrainer)
Zusätzlich würde ich gerne wissen, welche gesetzlichen Grundlagen das Jobcenter für diese verpflichtenden Maßnahmen heranzieht und ob es gesetzliche Bestimmungen gibt, die dem widersprechen.
Darüber hinaus interessiert mich, warum es keine Unterstützungsleistungen oder Programme für Hochschulabsolventen gibt und warum keine Praktika oder Weiterbildungsmöglichkeiten angeboten werden,
MfG Th.W.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr W.,

die Jobcenter können nach der Bürgergeldreform niemanden einseitig zu einer Maßnahme verpflichten. Es ist ein großer Erfolg, dass nun stärker auf Einvernehmen zwischen Jobcenter und Arbeitssuchenden gesetzt wird. Der gemeinsam erarbeitete Kooperationsplan ersetzt nun die Eingliederungsvereinbarung und hält in einfacher Sprache fest, welche Schritte nötig sind, um nachhaltig in Arbeit zu kommen. Damit einher geht der neue Qualifizierungsvorrang, der den Vermittlungsvorrang zurückstellt. Früher musste eine Person auch eine Stelle annehmen, bei der klar war, dass sie nur kurzfristig verfügbar und schlecht bezahlt ist. Viele saßen wenige Monate später wieder beim Jobcenter. Jetzt kann diese Person auch eine Fortbildung etc. machen, um in absehbarer Zeit Chancen auf eine bessere Stelle zu erhalten, die langfristig aus der Bedürftigkeit herausführt. Das ist mit Nachhaltigkeit gemeint.

Grundsätzlich gelten alle Rechte und Pflichten des Sozialgesetzbuchs II, das das Bürgergeld regelt, für alle Bürgergeldempfänger*innen gleichermaßen. Allerdings ist nicht jede Maßnahme für jede Person sinnvoll. Ein Absolvent einer deutschen Hochschule braucht keinen Sprachkurs, eine ukrainische Krankenschwester in der Regel keine Excel-Fortbildung. Es ist die Aufgabe der Jobcenter, individuell zu beraten, welche Maßnahmen im Einzelfall zum Erfolg führen können, und sie einvernehmlich mit der arbeitssuchenden Person abzustimmen.

Für Konfliktfälle bei der Erarbeitung des Kooperationsplans ist ein Schlichtungsverfahren vorgesehen. Sobald man sich auf eine Maßnahme geeinigt hat, ist der oder die Bürgergeldbeziehende auch verpflichtet, sie wahrzunehmen. Wird sich daran nicht gehalten und gibt es dafür keine nachvollziehbaren Gründe, so können Leistungsminderungen folgen. Das heißt, das Bürgergeld wird gekürzt. Das gilt auch für Personen, die sich der Arbeitsvermittlung grundsätzlich verweigern, z. B. nicht zu Terminen erscheinen. Das ist allerdings der allerkleinste Teil der Bürgergeldempfänger*innen.

Auch Hochschulabsolvent*innen stehen die im Sozialgesetzbuch II bzw. III vorgesehen Maßnahmen der Arbeitsförderung offen. Häufig brauchen Akademiker*innen jedoch einfach nur Zeit, eine passende Stelle zu finden. Die Langzeitarbeitslosigkeit ist in dieser Gruppe sehr gering. 2022 lag sie bei 2,2 Prozent. Aber Hochschulabsolvent*innen können Praktika absolvieren und weiterhin Bürgergeld beziehen. Dafür gelten u. a. folgende Vorgaben: Das Praktikum muss vorab genehmigt werden; es sollte im Regelfall nicht länger als sechs Wochen dauern und dem klaren Ziel dienen, notwendige Arbeitserfahrung zu sammeln; eventuelles Einkommen wird nach Abzug der Freibeträge für Erwerbseinkommen angerechnet. Allerdings müssen sich die Absolvent*innen selbst um ihre Praktikumsstellen kümmern. Das Jobcenter kann dabei unterstützen. Wer ein Studium erfolgreich beendet hat, sollte aber in der Lage sein, selbstständig nach Praktikums- bzw. Arbeitsstellen zu suchen.

Mit freundlichen Grüßen

Stephanie Aeffner

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