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Stephan Thomae
FDP
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Frage von Erhard J. •

Kann das in Deutschland auch passieren?

Sehr geehrter Herr Thomae,

die neue polnische Regierung hat die >Gefolgs-Medien-Leute< der
alten Regierung aus dem Amt entfernt und eigene eingesetzt.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr J.

vielen Dank für Ihre Frage. 

Die politische Einflussnahme auf Informationsprogramme ist in Polen bereits seit längerem ein Problem. So setzte 2015 die inzwischen abgewählte PiS-Partei den "Rat der Nationalen Medien" ein, ein verfassungswidriges Gremium, das allein über alle personellen Änderungen in den öffentlich-rechtlichen Medien entschied und eine Entfernung unliebsamer Journalisten ermöglichte. Das zeigt, wie wichtig eine freie und unabhängige Presse ist. Die Pressefreiheit ist in Deutschland in Art. 5 Abs. 1 des Grundgesetzes gewährleistet. Näheres regelt der Medienstaatsvertrag. Der Medienstaatsvertrag ist eine Art Grundsatzprogramm über die Zusammenarbeit und das Verhältnis von ÖRR und Staat. In § 26 des Medienstaatsvertrags heißt es etwa: 

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind bei der Erfüllung ihres Auftrags der verfassungsmäßigen Ordnung und in besonderem Maße der Einhaltung journalistischer Standards, insbesondere zur Gewährleistung einer unabhängigen, sachlichen, wahrheitsgemäßen und umfassenden Information und Berichterstattung wie auch zur Achtung von Persönlichkeitsrechten verpflichtet. Ferner sollen sie die einem öffentlich-rechtlichen Profil entsprechen den Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit achten und in ihren Angeboten eine möglichst breite Themen- und Meinungsvielfalt ausgewogen darstellen.

Wer das Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks überwacht, ist gesetzlich geregelt. Hierfür gibt es diverse, sich inhaltlich ähnelnde Regelungen. Beispielhaft möchte ich als Bayer auf § 6 des Gesetzes über die Errichtung und die Aufgaben einer Anstalt des öffentlichen Rechts „Der Bayerische Rundfunk“ (Bayerisches Rundfunkgesetz – BayRG) verweisen, das Sie unter folgendem Link abrufen können: https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayRuFuG-6. Die Regierung entsendet in diesem Fall einen Vertreter, zwölf Vertreter bestimmen sich aus dem Stärkeverhältnis im Bayerischen Landtag. Die Mehrzahl der Vertreter werden allerdings von weltanschaulichen und gesellschaftlichen Gruppen aus der Zivilgesellschaft, den Kirchen und Interessenverbänden eigenverantwortlich entsandt. Ein Auflistung der entsprechenden Gruppierungen finden Sie in eben genanntem § 6 BayRG. Hierauf hat der Staat keinen Einfluss. 
 

Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen. 

Mit freundlichen Grüßen 

Stephan Thomae

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