Frage an Stephan Thomae von Christine W. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Thomae,
Sie haben in jüngster Zeit bekannt gegeben, dass die FDP voraussichtlich nicht gegen die Neufassung des § 219a StGB Verfassungsbeschwerde einlegen wird, da eine Prüfung wenig Chancen auf Erfolg sehen würde.
In Zusammenhang mit Informationen über Abtreibungen finde ich es extrem auffällig, dass Falschangaben, wie z.B. dahingehend, dass abgetriebene Embryonen zu Kosmetika verarbeitet werden (https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2019-04/abtreibungsgegner-kapelle-oberpfalz-franz-graf-poesing) jahrlang problemlos möglich sind während ordnungsgemäße, fachlich belegbare Informationen von Ärzten auch mit der Neufassung des § 219a StGB unter Strafe gestellt werden. Es wird immer wieder betont, dass gegen "fake news" vorgegangen werden muss. Wie kann es dann sein, dass Falschangaben zur Abtreibung durch Abtreibungsgegner (welche z.T. auch absichtlich noch zusätzlich sogenannte Schockvideos ins Netz stellen) im Internet, auf Flyern oder auf andere Weise jedermann in Deutschland jederzeit zugänglich sind, während wahrheitsgemäße Angaben von Ärzten unter Strafe gestellt und damit mutwillig verhindert werden? Und vor allem: wieso sieht die FDP bei dieser Ungleichbehandlung von Falschangaben und Wahrheit keinerlei Chance die Neufassung des § 219a StGB zu kippen?
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir einmal detailliert darlegen könnten aus welchen Gründen die FDP, welche als Rechtsstaatspartei bekannt ist, sich gegen ein Vorgehen gegen die Neuregelung des § 219a StGB entscheiden will und wie Sie, bzw. die FDP, zum Problem der eben genannten Ungleichbehandlung von für jedermann jederzeit frei zugänglichen Falschangaben und gesetzlich verbotenen ärztlichen Fachinformationen in Zeiten der "March of Science", welche für den jederzeit und überall erhältlichen, freien Zugang zu Fakten auf die Strasse gehen, stehen.
Mit freundlichen Grüßen,
C. W.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Stephan Thomae MdB möchte die Frage gerne wie folgt beantworten:
"Als FDP Fraktion im Deutschen Bundestag hatten wir die Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde prüfen lassen. Nach dieser Prüfung sind bereits die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Beschwerde nicht gegeben. Der Beschwerdeführer einer Verfassungsbeschwerde muss selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen sein. Über 98% aller Verfassungsbeschwerden scheitern allein an diesen formalen Gründen. Nachdem es allerdings eine Verfassungsbeschwerde einer Ärztin gibt, hat die FDP und habe ich auf eine eigene Verfassungsbeschwerde verzichtet. In der Sache sind wir selbstverständlich weiterhin der Meinung, dass der §219a abgeschafft werden muss. Wir werden nicht rechtlich tätig, aber kämpfen politisch weiter für die Sache, denn: der Koalitionskompromiss zu Paragraf 219a StGB ist nicht nur in der Sache falsch, sondern auch verfassungsrechtlich mindestens fragwürdig. Die Berufsfreiheit der Ärzte und die Informationsfreiheit der Frauen werden unverhältnismäßig eingeschränkt, wenn über eine erlaubte Tätigkeit nicht hinreichend informiert werden darf. Am besten wäre es gewesen, wenn Union und SPD zur Vernunft gekommen wären und den Paragrafen 219a StGB ganz abgeschafften hätten, denn das würde den betroffenen Frauen und Ärzten wirklich helfen."
Mit freundlichen Grüßen
i.A. Robert Wilke