Frage an Stephan Thomae von Reinhard N. bezüglich Jugend
Sehr geehrter Herr Thomae,
mit Interesse habe ich ihre Ausführungen zum Thema "Umfang der Personensorge..." im Bundestag am 22.11. verfolgt. Die Beschneidung ist mir wie ihnen fremd, ich akzeptiere aber die Religion und ihre Tradition, hoffe einfach, dass sich diese weiterentwickeln und andere Möglichkeiten als die Beschneidung für die Heranführung an die Religion findet. Was mich am Gesetz aber massiv stört ist die Tatsache, dass sie nun die Beschneidung ohne medizinische Indikation - eigentlich ohne einen plausiblen Grund - erlauben, nur um den Religionen ihre Praktiken zu ermöglichen. Ich empfinde es als Opferung unserer Kinder zugunsten der Religion. Das ist in meinen Augen kein praktikabler Weg. Sie sorgen, wenn das Gesetz so umgesetzt wird, dafür, dass die Bevölkerung die Religion - namentlich die Muslime und Juden - für die Legalisierung der Beschneidung dafür verantwortlich macht. Sie sorgen mit diesem Gesetz nicht für Ruhe sondern für zusätzliche Unruhe. Sogar in Amerika, dem "Beschneider-Land" Nummer 1 ist die Beschneidung stark rückläufig, in Australien wird sie mittlerweile abgelehnt. Nur in Deutschland ist/soll der Trend umgekehrt sein, das lassen Aussagen von einigen Abgeordneten (und leider auch Gutachtern), dass es nicht sein kann, dass Deutschland das einzige Land wäre, in dem die Beschneidung verboten wäre, in einem mehr als zynischen Licht erscheinen. Dann sind wir halt das einzige Land, das die Beschneidung freigibt. Sie schaffen mit der derzeitigen Vorlage die Grundlage dafür, dass eine Beschneidung kommerzialisiert wird. Denn wenn es der eine Arzt es nicht macht, dann macht es halt ein anderer. Oder es wird gar als neue Einnahmequelle gesehen, lesen sie mal die Stellungnahme von Prof. Graf als Experte, er empfiehlt den Eltern heute schon, das Kind zu beschneiden lassen, ob mit oder ohne religiösen Hintergrund.
Meine Frage: Werden sie sich dafür einsetzen, dass die Beschneidung auf die Religionen eingeschränkt bleibt?
Reinhard Niederländer
Sehr geehrter Herr Niederländer,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 26. November 2012. Erlauben Sie mir dazu einige Anmerkungen.
Der Gesetzentwurf über den Umfang der Personensorge bei der Beschneidung eines männlichen Kindes stellt bewusst nicht darauf ab, dass die Beschneidung aus religiösen Motiven vorgenommen wird. Er tut dies aus gutem Grund: Es kann nicht die Aufgabe des Staates sein, die religiöse Motivation seiner Bürgerinnen und Bürger zu überprüfen. Wir wollen keine Religionsbehörden haben. Wäre dies der Fall, könnte dies zu absurden Ergebnissen führen. Dem fanatisch religiösen Elternpaar müsste es eher gestattet werden, eine Beschneidung ihres Sohnes vornehmen zu lassen, als gemäßigt gläubigen Eltern. Das kann nicht gewollt sein.
Aus diesem Grund unterstütze ich den Gesetzentwurf in der Form, wie er in den Deutschen Bundestag eingebracht wurde. Dadurch erreichen wir das in meinen Augen verfassungsrechtlich gebotene Ergebnis. Der Gesetzentwurf legalisiert auch nicht etwas Neues. Er stellt lediglich klar, was vor dem Urteil des Kölner Landgerichtes unumstritten war, nämlich das die Einwilligung der Eltern in die Beschneidung ihres Sohnes verfassungsrechtlich zulässig ist.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Thomae, MdB