Wurden Sie durch den Besuch in Kanada in ihrer bisherigen Meinung beeinflusst?
Sehr geehrter Herr Pilsinger,
konnten Sie aus Kanada und den USA Gedanken mitnehmen, die Sie in ihrer bisherigen Haltung zum Thema Cannabis-Legalisierung beeinflussen?
Freundliche Grüße
Jochen A.
Sehr geehrter Herr A.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht.
Bei der Delegationsreise haben sich vor allem die Komplexität in der Gesetzgebung und die damit einhergehenden Herausforderungen einer vollständigen Legalisierung gezeigt. Die Gesetzgeber in Kalifornien und in Kanada haben die Legalisierung von Cannabis in jeweils mehr als zehn Gesetzen und Verordnungen reguliert, wobei auch jetzt noch immer viele Probleme der Legalisierung weiter ungelöst bleiben und es weiterer Gesetze bedarf.
Mir ist während dieser Tage nochmal sehr klar bewusst geworden, dass es bei der Cannabislegalisierung keinesfalls einen nationalen Alleingang Deutschlands geben darf. Das internationale und europäische Recht ist bedingungslos zu achten. Daher muss die Bundesregierung eine europarechtlich korrekte und vor allem gesamteuropäische Lösung finden! Hier kann beispielsweise zwischen Kalifornien als Bundestaat in Bezug auf die USA und Deutschland in Bezug auf die Europäische Union ein guter Vergleich gezogen werden.
In der deutschen Debatte sind darüber hinaus zwei Argumente von zentraler Bedeutung. Mit der Legalisierung möchte die Ampelregierung den Jugendschutz stärken und den Schwarzmarkt austrocknen. Ich stelle jedoch infrage, dass durch die Legalisierung der Jugendschutz in Kanada und Kalifornien erhöht wurde. Nur ein Beispiel sind die Cannabis-Gummibärchen, die mit einem sehr hohen THC-Gehalt in einer bunten und für Kinder bzw. Jugendliche ansprechenden Verpackung verkauft werden, anstatt das Interesse der jungen Bevölkerung von dieser Droge wegzulenken. In den Gesprächen vor Ort wurde bestätigt, dass Jugendliche in beiden Staaten nicht weniger Cannabis konsumieren als vor der Legalisierung. Auch beim Thema Schwarzmarkt gibt es keine Verbesserung: Dieser ist noch immer signifikant vorhanden, da die Preise am Schwarzmarkt günstiger als bei den offiziellen Verkaufsstellen sind. Dieser Faktor wäre in Deutschland nach den derzeitigen Plänen des Bundesgesundheitsministers noch viel gewichtiger. Der Preis für legal zu kaufendes Cannabis würde durch den alleinigen Anbau in Deutschland, die zusätzliche Cannabis-Steuer und die Abgabe in Apotheken deutlich über den Preisen im Ausland und über dem des Schwarzmarktes liegen.
Aufgrund der Verharmlosung von Cannabis „als Genussmittel“ sehe ich weder in den kalifornischen noch in den kanadischen Regelungen einen Vorbildcharakter.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Pilsinger, MdB