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Stephan Pilsinger
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Frage von Andrea Martina H. •

Unsere Frage zur Widerspruchslösung, erhalten wir die Widerspruchsformulare vom deutschen Bundestag?

Sehr geehrter Herr Pilsinger,
der Discounter Penny hat hier mit Organspendeausweisen auf Kassenzettel geworben

https://wiki.piratenpartei.de/wiki/images/6/69/Penny_Discounter.pdf

Wenn jemand sich um seine eigene Beerdigung kümmern will, muß ihm auch Gelegenheit gegeben werden, einer Organentnahme zu widersprechen. Es wäre wünschenswert wie in Österreich, die Asche von Verstorbenen mit nach Hause zu nehmen. Dem  letzten Willen eines nahen Angehörigen die notarielle Beglaubigung (Testament) ist hier Rechnung zu tragen, das ist Selbstbestimmung und nicht Enteignung.

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau H.,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 19. April 2023.

Die jetzt vom heutigen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wieder entfachte Diskussion um eine Widerspruchslösung bzgl. der Organspenden ist ein politisches Ablenkungsmanöver. Lauterbach und seine Regierung haben nach wie vor nicht das Gesetz zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende umgesetzt, das der Deutsche Bundestag schon im Januar 2020 beschlossen hatte und das zu März 2022 in Kraft getreten ist. Insbesondere ist das zentral wichtige Organspender-Register immer noch nicht fertiggestellt. Das soll frühestens "im ersten Quartal 2024" seine Arbeit aufnehmen, wie mir die Bundesregierung auf eine parlamentarische Nachfrage von mir mitgeteilt hat. Das halte ich mit Blick auf eine demokratisch herbeigeführte Mehrheitsentscheidung des Gesetzgebers, insbesondere aber mit Blick auf die vielen Transplantationspatienten, die auf der Warteliste stehen, für unverantwortlich.

Minister Lauterbach soll also nicht ein Gesetz, das er als Abgeordneter noch abgelehnt hatte, als "gescheitert" erklären, bevor es überhaupt in Kraft getreten ist und Wirkung entfalten kann.

Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hatte 2019 übrigens in einem international vergleichenden Gutachten herausgefunden, dass die Einführung der Widerspruchslösung in keinem Land zu mehr Organspenden geführt hat, was auch darauf schließen lässt, dass eher unser System der Grund für die wenigen Spenderorgane ist, nicht etwa unwillige Menschen.

Die Widerspruchslösung halte ich auch aus ethischen Gründen für keinen geeigneten Weg. Als nebenberuflich noch arbeitender Hausarzt weiß ich, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen, z.B. Depressionen, sich oft nicht mit ihrem eigenen Lebensende auseinander setzen können. Mit der Widerspruchslösung würde diese Personengruppe, aber auch Menschen, die nicht über die dafür notwendige intellektuelle Fähigkeit verfügen (z.B. funktionelle Analphabeten), unfreiwillig zu Organspendern gemacht würden, weil sie nicht in der Lage sind, zu widersprechen. Ich bin der festen

Überzeugung , dass eine Organspende einer bewussten selbstbestimmten Entscheidung bedarf. Nichts sagen kann hier keine Zustimmung sein.

Daher fordere ich weiterhin die Umsetzung des beschlossenen Gesetzes ("Entscheidungslösung") ein, bevor wir wieder in lange Debatten über eine wie auch immer geartete Widerspruchslösung einsteigen.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Pilsinger, MdB

 

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