Frage an Stephan Bischoff von Dr.Gerhard L. bezüglich Innere Sicherheit
Ich frage Sie - im Hinblick auf mein Wahlverhalten im September - an, wie Sie und die Grüne-Partei sich in Sachen Kriegseinsätze in Afghanistan und anderswo (sprich Eingreiftruppe der Bundeswehr) in Zukunft verhalten wollen? Noch ist Zeit den Schwenk der Grünen nach dem Balkankrieg wieder zu revidieren. Können wir mit Euch zum gerechten Frieden statt eines sog. gerechten Krieges zurückfinden. Dazu brauchen wir Finanzen für friedensethische Forschung und zum Einüber gewaltfreier Einmischung und HIlfe in Krisengebieten. Mehr Geld für den Frieden als für Kriegseinsätze!!
Mit großer Hoffnung auf ein Aussetzen der schleichenden Militarisierung der Bundesrepublik mit Hilfe der Grünen, Gerhard Loettel, Magdeburg
Sehr geehrter Herr Loettel,
vielen Dank für ihre Frage und bitte entschuldigen sie, dass es ein wenig gedauert hat, aber im Wahlkampf findet man wenig Zeit für ausführliche Antworten und gerade dieses Thema bedarf eine ausführlichen Antwort.
Krieg und Gewalt sind immer große Übel, die den betroffenen Menschen Leid bringen und viele Länder in ihrer Entwicklung behindern. Auch ich wünsche mir, dass es auf der Welt keine Kriege und Unterdrückung gibt und wir im Frieden miteinander auskommen. Leider müssen wir tagtäglich in den Nachrichten sehen, dass dem so nicht ist.
Im Rahmen und Auftrag der Vereinten Nationen kann das Militär einen wichtigen Beitrag zur Gewalteindämmung und Friedenssicherung leisten. Deshalb lehne ich Auslandseinsätze der Bundeswehr als äußerstes Mittel nicht grundsätzlich ab. Sie müssen aber in ein politisches Gesamtkonzept eingebettet und Teil der Lösung sein. Vor allem lege ich Wert darauf, dass es zu jedem Einsatz auch eine sogenannte „Exit-Strategie“ gibt, die einen verantwortlichen Abzug mit sich bringt.
Wir Grüne stehen für eine aktive und vorausschauende Friedenspolitik in deren Mittelpunkt der Mensch und nicht der Staat steht und ich unterstütze diese Position. Ich setze mich dafür ein, dass Deutschland als verlässlicher Akteur im Rahmen der Vereinten Nationen seiner globalen Verantwortung gerecht wird und unterstütze die Forderung die EU als Friedensmacht zu stärken und ihre zivilen Fähigkeiten auszubauen. Die Stärke der EU liegt aus meiner Sicht bei der zivilen Konfliktprävention, nicht dem militärischen Krisenmanagement.
Ich stehe aber auch zur sogenannten Schutzverantwortung der internationalen Gemeinschaft („Responsibility to Protect“), wonach es in Ausnahmesituationen als letztes Mittel und im Einklang mit dem Völkerrecht auch militärischer Mittel bedarf. Diese Schutzverantwortung (RtoP) anzuerkennen war ein wichtiger Schritt, um zukünftig Massaker wie in Ruanda oder Srebrenica zu verhindern. Sie kann einen Perspektivwechsel von der Täter- zur Opferperspektive schaffen und zeigt, dass der Schutz von Menschen heute wichtiger ist als der Schutz von Staaten. In solchen Fällen soll Deutschland seiner Verantwortung im multilateralen Rahmen der EU und nicht im nationalen Alleingang gerecht werden. Langfristig würde die Integration der Streitkräfte auf europäischer Ebene die Anzahl der SoldatInnen und Waffen in Europa deutlich reduzieren und die Militärausgaben senken.
Ich setze mich dafür ein, dass Deutschland RtoP als wichtige Säule einer menschenrechtsgeleiteten globalen Friedenspolitik begreift und die internationale RtoP-Agenda entsprechend der deutschen historischen Verantwortung für die Verhütung von Völkermord aktiv und mit eigenen Initiativen voranbringt. Die VN-Frühwarnmechanismen sollen gestärkt und besser miteinander verzahnt werden, um vorhandene Informationen im Hinblick auf drohende oder bereits stattfindende Massenverbrechen schnell auswerten zu können.
Im Gegensatz dazu lehne ich militärische Abenteuer wie den Irak-Krieg oder den Einsatz von Streitkräften zur Rohstoffsicherung ab. Ebenso verurteile ich die Ausweitung von Bundeswehr-Einsätzen im Innern oder Versuche, die parlamentarische Mitwirkung des Bundestages aufzuweichen. Die Bundeswehr muss Parlamentsarmee bleiben und fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehen.
Nicht zuletzt wollen wir außerdem die Kriterien für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern, die bislang nur unverbindliche Leitlinien sind, in ein Rüstungsexportkontrollgesetz überführen. Damit würden sie verbindlich und justiziabel und helfen bei der Verhinderung von friedens- und menschenrechtspolitisch nicht verantwortbaren Rüstungsexporten.
Sehr geehrter Herr Loettel,
ich hoffe, ich konnte ihnen meine Position darlegen.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Bischoff