Stephan Bischoff
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Henning M. •

Frage an Stephan Bischoff von Henning M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Hallo Herr Bischoff!

Ich hätte zwei Fragen an Sie.
(1.) In der Zeitung/im Internet liest man derzeit, dass B´90/DIE GRÜNEN für eine Kennzeichnungspflicht der Produkte eintreten, die aus den von Israel nach 1967 besetzten Gebieten stammen. Dadurch soll deutlich gemacht werden, dass man (vorerst nur: B´90/Gr.) diese Okkupation völkerrechtlich nicht anerkennt und also die besetzten Gebiete sozusagen als exterritorial zum israelischen Staat betrachtet.
Wie ist dazu Ihre persönliche Meinung?
(2.) Kürzlich hat die EU beschlossen, den militärischen Arm der Hamas als "terroristische Organisation" einzustufen - mit entsprechenden Folgen.
Wie ist dazu Ihre persönliche Meinung?
Ich gehe davon aus, dass Ihre jeweilige Meinung abgeklärt ist mit den Mitgliedern des Stadtverbandes und also (zumindest in Grundzügen) dem Konsens entspricht.

Vielen Dank für Ihre Mühe!
Mit freundlichen Grüßen
H. Moneta

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Moneta,

vielen Dank für Ihre Fragen und Ihr Interesse an meinen politischen Positionen. Nun habe ich meine Abgeordnetenwatch-Premiere, denn Sie stellen mir die erste Frage auf dieser Website.

Eine Antwort vorweg: meine Antworten sind nicht mit meinem Kreisverband abgestimmt. Wir entscheiden zwar sehr viel gemeinsam, aber die Fragen richten sich ausdrücklich an mich und nicht an meinen Kreisverband. Ich repräsentiere Bündnis 90/Die Grünen in meinem Wahlkreis (und das sehr gern) und teile den Grundkonsens und unser Programm. Die Antworten, die ich hier gebe, sind also meine ganz persönlichen.

Die Bedeutung der deutsch-israelischen Verständigung und die besondere Verantwortung Deutschlands für die Existenz des Staates Israel sind mir äußerst bewusst. Ebenso bewusst ist mir aber auch die Notwendigkeit der friedlichen Beilegung des sogenannten Nah-Ost-Konfliktes mit dem Ziel Frieden und Wohlstand Aller in dieser Region zu ermöglichen. So fern dieses Ziel im Moment erscheint, verdeutlicht es jedoch wie viel Anstrengungen dafür noch nötig sind. Auf dem Weg dahin bedarf es Kompromisse von allen Seiten und ein vorsichtiges Agieren der beteiligten Akteure. Insofern ist der Schwerpunkt zukünftiger Bemühungen auf den Friedensprozess zu legen.

Das im Jahr 2000 in Kraft getretene Freihandelsabkommen zwischen der EU und Israel beinhaltet Regelungen, welche Produkte aus den von Ihnen erwähnten Gebieten von den bevorzugten Handelsbedingungen ausgenommen sind. Auch der Europäische Gerichtshof hat im Jahr 2010 in einem Urteil die Bedingungen der Zollfreiheit nochmals festgestellt. Dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit folgend, haben wir uns daran zu halten.

Die öffentliche Falschdarstellung, wir GRÜNE würden dazu aufrufen israelische Produkte zu boykottieren, trifft mich persönlich ziemlich hart. Denn dem ist nicht so und eine solche Ableitung ist völlig unverantwortlich. Im vergangenen Jahr veröffentlichten verschiedenste Nichtregierungsorganisationen einen Bericht, indem sie zu dem Schluss kommen, „dass die EU einerseits eine eindeutige Position vertritt und die israelischen Siedlungen nach internationalem Recht nicht legal und als ein Faktor bewertet, der die Zwei-Staaten-Lösung unmöglich macht. Andererseits die EU mit der Importpolitik von Gütern aus israelischen Siedlungen in der Westbank aber zum Fortbestand der Siedlungen beiträgt und damit nicht nur ihrer eigenen politische Bewertung der Lage, sondern auch die Unterstützung des Aufbaus eines palästinensischen Staates mit erheblichen finanziellen Mitteln beiträgt“.

Vor diesem Hintergrund hat sich die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen mit einer Kleinen Anfrage unter dem Titel „Importe von Produkten aus israelischen Siedlungen in der Westbank in die Europäische Union und nach Deutschland“ an die Bundesregierung gewandt.( http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/135/1713511.pdf )

Ich unterstütze diese Initiative der grünen Bundestagsfraktion, da ich für eine kohärente und transparente Friedenspolitik stehe. Mir ist besonders wichtig herauszustellen, dass damit KEIN Boykott israelischer oder gar jüdischer Produkte gemeint war und ist. Die Position der grünen Bundestagsfraktion wird explizit auch in der Frage 12 der Kleinen Anfrage zum Ausdruck gebracht, indem gefragt wird: „Was unternimmt die Bundesregierung, um dem in manchen israelischen Medien erweckten Eindruck entgegenzutreten, bei der Debatte um eine korrekte Kennzeichnung von Waren aus Siedlungen in der Westbank gehe es um einen generellen Boykott von Produkten aus Israel?“

Weiterhin fragten sie nach meiner Position zum Beschluss der EU den militärischen Arm der Hamas als "terroristische Organisation" einzustufen.
Ich glaube, dass sie hier die militante Gruppe der libanesischen Hisbollah meinen und nicht die Hamas. Der militärische Flügel der Hisbollah wird für verschiedene Anschläge in der vergangenen Zeit verantwortlich gemacht, u.a. im Jahr 2012 für einen Bombenanschlag auf israelische Touristen in Bulgarien. Ich begrüße es, dass die EU im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zu einer Position gefunden hat und bin der Meinung, dass Terroranschläge innerhalb der EU nicht ohne Folgen bleiben dürfen.

Wir Grüne setzen auf eine Außenpolitik der Deeskalation und Prävention in Krisenfällen. Als Partei haben wir uns dem Konzept der Schutzverantwortung (responsibility to protect ) verschrieben, welches vor allem auch die Krisenprävention vorsieht. Dazu können auch Sanktionen wie das Einfrieren von Geldern, welches durch die Einstufung als terroristische Organisation möglich wird, gehören.

Ich kann keine genaue Einschätzung der Hisbollah und ihrer internen Strukturen geben, aber eigenen öffentlichen Verlautbarungen zufolge, gibt es keine Trennung zwischen politischem und militärischem Flügel innerhalb der Hisbollah. Vor dem Hintergrund der Anschläge begrüße ich die Entscheidung der EU-Minister.
Wer mit terroristischen Mitteln politische Ziele durchsetzen möchte, muss mit Konsequenzen rechnen. Ich hoffe, dass die verhängten Sanktionen einen internen Dialog über die politische Zukunft der Hisbollah in Gang setzen und dass der gemäßigte Flügel Ansprechpartner für die europäische Friedenspolitik werden möchte.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Bischoff