Steffen Kühne
DIE LINKE
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Frage von Felix P. •

Frage an Steffen Kühne von Felix P. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Wie werden Sie defenetiv mehr Arbeitsplätze in Deutschland schaffen?

Frank perka

Antwort von
DIE LINKE

Guten Tag Herr Perka,

in Luckau hatten wir diese Frage ja leider nur kurz andiskutieren können. DIE LINKE möchte die Arbeit, ihre Verteilung, ihre Bezahlung und ihre Organisation neu regeln - ob das dann auch *definitiv* gelingt, liegt am Ende aber wohl nicht an ihr allein, sondern an den Kräfteverhältnissen in Gesellschaft und Parlament.

In den vergangenen zehn Jahren sind mehr als 2 Millionen Vollzeit-Arbeitsplätze abgebaut worden. Im gleichen Zeitraum entstanden fast doppelt so viele schlechtere und schlechte Jobs: befristete Stellen, Leiharbeit, Werkverträge und Minijobs (Insofern ist es immer auch wichtig zu fragen, von was für Arbeistplätzen gerade die Rede ist). Die Etablierung eines solchen Niedriglohnsektors war erklärtes Ziel der Agenda 2010 und bedeutet seither ganz konkret, dass Tarifverträge und das zumeist höhere Lohnniveau der fest angestellten Beschäftigten unter Druck geraten. DIE LINKE möchte den Niedriglohnbereich deshalb wieder zurückdrängen und prekäre Arbeitsverhältnisse in reguläre umwandeln.

Eine zentrales Ziel ist vor diesem Hintergrund die Einführung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns. Die hierzu von Neoliberalen und Konservativen ins Feld geführte Behauptung, durch höhere Löhne würden Arbeitsverhältnisse in Größenordnungen zerstört, sind populistischer Unsinn und widersprechen den Erfahrungen aus Ländern, die einen gesetzlichen Mindestlohn bereits eingeführt haben. Im Gegenteil: Der Mindestlohn würde die Kaufkraft von Millionen Bundesbürgerinnen und Bundesbürgern unmittelbar erhöhen und durch die gestärkte Binnennachfrage neue Beschäftigung schaffen (Dies gilt in besonderem Maße für Ostdeutschland, wo der Niedriglohnanteil derzeit überdurchschnittlich hoch ist). Abhängig von der konkreten Höhe des Mindestlohns werden deutlich mehr neue Arbeitsplätze entstehen als an anderer Stelle verloren gehen. Durch höhere Einnahmen aus Sozialbeiträgen und Steuern, den Wegfall der steuerfinanzierten Lohn-Aufstockung und die geringeren Ausgaben zur Unterstützung der Erwerbslosen profitiert auch der Sozialstaat.

Diese Einsparungen könnten unter anderem in die Ausfinanzierung der (Weiter-)Bildung und Qualifizierung von Erwerbslosen fließen, was wiederum dem Fachkräftemangel entgegenwirkt (Die LINKE setzt sich für einen einklagbaren Rechtsanspruch für Erwerbslose auf Weiterqualifizierung und Beratung ein).

Einen weiteren konkreten Ansatz zur Schaffung neuer Beschäftigungsverhältnisse stellt der Vorschlag der LINKEN dar, die Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich zu verkürzen und so die gesellschaftlich notwendige Arbeit gerechter zu verteilen. Im Wahlprogramm der LINKEN heißt es hierzu:

„Die Vorstellung, dass »Vollzeit« ein Acht-Stunden-Arbeitstag ist, stammt aus den Kämpfen des 19. Jahrhunderts und wurde 1918 gesetzlich vorgeschrieben. Wir brauchen dringend ein neues Ziel: Sechs Stunden sind genug. Gute Arbeit für alle, aber weniger Arbeit für die Einzelnen - das wollen wir als neue Vollbeschäftigung. Wir unterstützen die Initiativen aus Gewerkschaften, eine neue gesellschaftliche Debatte um eine Arbeitszeitbegrenzung voranzubringen. Wir streben eine Obergrenze von 35, längerfristig von 30 Stunden an. Damit verkürzte Arbeitszeiten nicht zu Arbeitsverdichtung und damit zu Lohnkürzungen »verkommen« und so konterkariert werden, müssen die Mitbestimmungsrechte der Beschäftigtenvertretungen bei Personal- und Stellenplänen erweitert werden.“

Zudem fordert das Programm eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes, sodass die zulässige wöchentliche Höchstarbeitszeit von derzeit 48 auf höchstens 40 Stunden gesenkt wird. Ausnahmeregelungen sollen deutlich reduziert und Überstunden effektiv begrenzt werden.

Ein weiterer Vorschlag zu Schaffung von Beschäftigung ist der Ausgleich des Personalmangels in der öffentlichen Daseinsvorsorge: Mit einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor (ÖBS) sollen Menschen, die derzeit keiner regulären Beschäftigung nachgehen können, neue Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt eröffnet werden. Arbeit im Bereich öffentlicher und sozialer Dienstleistungen ist in der Bundesrepublik im internationalen Vergleich deutlich unterentwickelt und zudem oft schlecht bezahlt. Durch einen ÖBS könnten mehrere Millionen neue reguläre und tariflich bezahlte Arbeitsplätze geschaffen werden, die dringende gesellschaftliche Bedürfnisse befriedigen - beispielsweise indem sie zivilgesellschaftliche Strukturen wie Stadtteil- und Begegnungszentren, Institutionen der Politischen Bildung oder kulturelle Projekte stärken.

Öffentlich geförderte Beschäftigung muss sich dabei an den jeweiligen regionalen und lokalen Gegebenheiten ausrichten. Die Entlohnung sollte einen Stundenlohn von zehn Euro und einen Bruttolohn von monatlich 1.500 Euro jedoch nicht unterschreiten. Dies müsste durch eine gleichermaßen sozial gerecht und ökologisch orientierte Steuerpolitik finanziert werden, die Reiche und finanzstarke Unternehmen stärker heranzieht und den Umwelt- und Ressourcenverbrauch besonders besteuert (Vorschläge hierzu finden sich im Wahlprogramm der LINKEN: http://www.die-linke.de/wahlen/wahlprogramm/wahlprogramm/ ).

Es wäre sicher nicht ehrlich, einfache Rundumlösungen zu präsentieren. Dennoch denke ich, dass durch eine Reihe verschiedener Maßnahmen Verbesserungen im Sinne Ihrer Frage grundsätzlich möglich sind, wenn der politische Wille gegeben ist!

Mit freundlichen Grüßen

Steffen Kühne