Frage an Steffen Bilger von Sascha A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Steffen Bilger,
vor einigen Tagen kam aus der FDP die Forderung nach der Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften Homosexueller mit der klassischen Ehe. Aus ihrer Partei kam die Gegenargumentation, dass gleichgeschlechtliche und verschiedengeschlechtliche Ehe nicht gleichwertig seien und dass es einer Verfassungsänderung bedürfe, die eine 2/3-Mehrheit im Bundestag erfordere.
Die Verfassungsänderung wäre meiner Einschätzung nach kein Problem, da potentiell alle Parteien außer der CDU dies unterstützen würden. Zu der Ungleichheit muss ich fragen, was der entscheidende Unterschied sein soll. Eine Ehe wird (oder sollte zumindest) aus tiefster Überzeugung gegenseitiger Liebe und Verbundenheit geschlossen werden. Diese Eigenschaft scheint man in der CDU pauschal allen homosexuellen Paarbindungen abzusprechen. Sehe ich das so richtig?
Es wird in Bezug zum Schutz der Ehe auch mit dem Schutz der Gleichheit und Würde des Menschen argumentiert. Warum gilt Gleichheit nicht auch Homosexuellen, welche sich ihr Leben als Homosexuelle (nachgewiesenerweise) nicht aussuchen konnten? Wie wird in der CDU dieser Widerspruch zum Grundgesetz gerechtfertigt? Und wie stehen sie persönlich zu der Thematik?
Wenngleich diese Fragen in ihrer Position als CDU-Politiker unbequem sind, würde ich mich sehr über umfassende und erklärende Antworten zu meiner Frage freuen.
Sehr geehrter Herr Apazeller,
für Ihre Nachricht und die damit verbundenen danke ich Ihnen.
Laut Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes ist die Ehe innerhalb der staatlichen Ordnung besonders geschützt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird Ehe als auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft von Mann und Frau definiert. Demnach wäre eine Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare mit Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes nicht vereinbar und somit verfassungswidrig. Nach meiner Überzeugung bilden Familien die Keimzellen der Gesellschaft. Das ureigenste Interesse des Staates ist es daher, dass Mann und Frau heiraten und Kinder bekommen. So ist die Zukunft eines Gemeinwesens, folglich eines Staates gewährleistet. In diesem Zusammenhang steht auch die Verantwortung für künftige Generationen, die aber gerade den Nachwuchs in Form von Kindern bedingen. Alleine aus dieser Überzeugung heraus zu schließen, dass wir andere Formen der Partnerschaft als die herkömmliche Ehe zwischen Mann und Frau ablehnen, ist grundlegend falsch. Natürlich wird eine Ehe generell aus der Überzeugung gegenseitiger Liebe und Verbundenheit geschlossen, egal in welchem Lebensmodell. Es ist überaus wichtig, dass niemand irgendjemandem die Form der Partnerschaft vorschreibt, die er für sein Leben als richtig empfindet. Es ist zugleich darauf hinzuweisen, dass das Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft in der heutigen Rechtswirklichkeit bereits weitgehend der Ehe angeglichen worden ist. Entsprechende gesetzgeberische Maßnahmen, wie beispielsweise im öffentlichen Dienstrecht und im Steuerrecht, wurden in der laufenden 17. Wahlperiode umgesetzt. Im Koalitionsvertrag haben sich CDU, CSU und FDP dazu bekannt, die Ausgewogenheit von Rechten und Pflichten von eingetragenen Lebenspartnerschaften weiter zu verbessern. Als konkretes Ziel wurde die Übertragung der familien- und ehebezogenen Regelungen über Besoldung, Versorgung und Beihilfe im öffentlichen Dienstrecht des Bundes auf Lebenspartnerschaften genannt. Ferner haben sich die Parteien der Regierungskoalition im Koalitionsvertrag dazu verpflichtet, gleichheitswidrige Benachteiligungen im Steuerrecht abzubauen und dort insbesondere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Gleichstellung von Lebenspartnern mit Ehegatten umsetzen. Durch das Erbschaftsteuerreformgesetz und das Jahressteuergesetz 2010 wurden die Lebenspartner den Ehegatten im Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuerrecht gleichgestellt. Das Jahressteuergesetz 2010 brachte die Gleichstellung auch im Grunderwerbsteuerrecht. Durch das Gesetz zur Übertragung ehebezogener Regelungen im öffentlichen Dienstrecht auf Lebenspartnerschaften wurde die Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft im öffentlichen Dienstrecht rückwirkend zum 1. Januar 2009 erreicht. Für mich ist die Ehe auf Kinder ausgelegt – und neunzig Prozent der der verheirateten Paare bekommen Kinder. Und wir brauchen Kinder zur Sicherung der Sozialsysteme und anderem. Deshalb sollte aus meiner persönlichen Überzeugung es keine vollkommene Angleichung der Ehe zwischen Mann und Frau einerseits und eingetragenen Lebenspartnerschaften andererseits geben.
Wenn Sie noch Rückfragen haben, können Sie sich gerne auch direkt an mich wenden: steffen.bilger@bundestag.de.
Mit freundlichen Grüßen
Steffen Bilger MdB