Frage an Steffen Bilger von Achim M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Bilger,
ich lasse mich im Bundestag durch sehr viele Abgeordnete vertreten, welche persönlich auch bei gleicher Parteizugehörigkeit unterschiedliche Standpunkte vertreten.
Das ist für mich logisch und das muss auch so sein.
Was ich allerdings nicht verstehe ist, dass ich dann nicht die einzelnen Abgeordneten der einzelnen Wahlkreise separat wählen kann.
Können Sie mir erklären weshalb das so wie es ist sinnvoll ist?
Mit freundlichen Grüßen
Achim Maier
Sehr geehrter Herr Maier,
vielen Dank für Ihre Frage zum Wahlrecht in der Bundesrepublik.
Wenn ich Sie richtig verstehe, wünschen Sie sich ein Wahlrecht auf Bundesebene, bei dem Sie kumulieren und panaschieren können. Bei Gemeinderatswahlen – auch in Baden-Württemberg – können die Wähler einem Bewerber bis zu drei Stimmen geben (Kumulieren). Es geht aber auch, dass der Wähler auf einer ausgesuchten Wahlliste Bewerber einer anderen Liste überträgt (Panaschieren). Dieses System bietet sich auf kommunaler Ebene an. Hierbei ist nämlich davon auszugehen, dass auch nach der Wahl die regional gewollte Verteilung stimmt. Auf dieser lokal begrenzten Ebene müssen eben nicht für alle Ortsteile Vertreter bestimmt werden.
Anders sieht dies nach dem Willen des Gesetzgebers bei Bundestagswahlen aus. Es gibt hier 299 Wahlkreise. Jeder davon soll mindestens einen Abgeordneten bekommen, damit jeder Wahlkreis durch ein Mitglied des Bundestages vertreten ist.
Deshalb gibt es bei Wahlen zum nationalen Parlament die so genannte Erst- und Zweitstimme. Mit der Erststimme wird direkt ein Bewerber aus dem Wahlkreis gewählt. Wer die meisten dieser Stimmen erhält, zieht als direkt gewählter Abgeordneter in den Bundestag. So war es bei mir bei der Wahl zum 17. Deutschen Bundestag im September 2009. Ich halte diese Regelung für sinnvoll. Schließlich kann ich mich als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Ludwigsburg um die Belange der Menschen im Wahlkreis kümmern. Zugleich können die Bürger meine Arbeit mitverfolgen und begleiten. Nach vier Jahren können sie so beurteilen, ob ich eine Wiederwahl verdient habe. Eine Beurteilung anderer Wahlkreis-Abgeordneter außerhalb des eigenen Lebensumfelds stelle ich mir schon schwieriger vor.
Mit der Zweitstimme wählen Sie eine Partei. Mit diesem „Kreuzchen“ wählen Sie die von Ihnen erwähnte Vielfalt von Personen und Meinungen innerhalb einer Partei. Wenn die Zweitstimmen die Erststimmen in einem Bundesland bei einer Partei überwiegen, werden die dann zustehenden Abgeordneten der Landesliste entnommen. Allerdings haben Sie auch hier keinen Einfluss darauf, welche Personen der Landesliste von Ihnen bevorzugt werden.
In Deutschland wird immer wieder von Demokratie- und Parteienverdruss gesprochen. Es wäre wahrscheinlich kein gutes Zeichen, wenn nicht einmal mehr in jedem Wahlkreis ein Abgeordneter vor Ort zur Verfügung stehen würde. Deshalb wird das bisherige System als die beste Alternative angesehen.
Ich würde mich freuen, wenn Ihnen meine Antwort weitergeholfen hat. Sollten Sie noch Rückfragen haben, können Sie sich auch direkt bei mir melden: steffen.bilger@bundestag.de.
Mit freundlichen Grüßen
Steffen Bilger MdB