Frage an Steffen Bilger von Pascal M. bezüglich Wirtschaft
Hallo Herr Bilger,
dies ist Versuch Nr. 2, nachdem der Erste an einer fehlenden Quellenanagabe scheiterte. Zunächst: Was halten Sie von der Idee, "alternativlos" zum Unwort des Jahres zu erklären?
Zwischen den Zeilen Ihrer Antwort an Frau Kleen vom 28.04.2010 lese ich, dass Sie alles sind, aber nicht überzeugt von der Entscheidung zu den beiden "Rettungs-"paketen. Möglicherweise bekamen Sie als Jurist bei der Kombination der Worte Rettungspaket und Grundgesetz akute Bauchschmerzen?
Die Fragen, die sich mir stellen sind:
Warum werden hunderte milliarden € neu geschaffen (ugs. "gedruckt") und damit Banken, nicht Länder gerettet (nachzulesen erstaunlicherweise bei der Kommunistin Sahra Wagenknecht: http://bit.ly/aBwjac). Diese Milliarden werden eher früher als später die Kaufkraft unseres Geldes in heute unvorstellbarem Ausmaß schmälern!
Warum erklärt die Politik die "bösen" Spekulanten, "gierigen" Manager und "rücksichtslosen" Banker zu Sündenböcken für ihre eigenen Fehler? Die Politik gibt Gesetze, die Politik gründet Zentralbanken und -systeme, die Politik legt deren Regeln fest. Das Grundübel unserer heutigen Krise sind doch nicht o.g. Adjektive, diese beschreiben unvermeidliche menschliche Eigenschaften. Das Problem war und ist exzessives Kreditwachstum. Ausgehend von den USA, aber auch in der EU, möglich gemacht durch die Schaffung von Kreditgeld quasi aus dem Nichts. Nachzulesen z.B.
hier: http://amzn.to/dwtQXd
hier: http://amzn.to/amk5qE und erstaunlicherweise auch
hier: http://bit.ly/77ifu (besonders lesenswert, Autor: Alan Greenspan).
Herr Bilger, warum packt die Politik das Problem nicht an der Wurzel? Es muss nicht unbedingt Gold sein, es gibt auch andere Möglichkeiten, Geld mit einem realen, physischen Wert zu hinterlegen. Rückfragen hierzu beantwortet mit Sicherheit auch gerne Ihr Kollege Frank Schäffler aus der FDP-Fraktion.
Viele Grüße
Sehr geehrter Herr Maucher,
für Ihre Nachricht und die damit verbundenen Fragen an mich vom 20. Juni 2010 danke ich Ihnen.
Zu Ihrer ersten Frage was ich von dem Vorschlag halte, "alternativlos" zum "Unwort des Jahres" zu machen, möchte ich Folgendes sagen:
Ich bin grundsätzlich der Überzeugung, dass Begrifflichkeiten wie eben "alternativlos" mit Vorsicht und Bedacht gewählt werden sollten, da es tatsächlich nur in ganz wenigen Fällen keine wirklichen Alternativen zu einer Entscheidung o. ä. bestehen. Eine inflationäre Verwendung solcher Aussagen kann deshalb schnell zu falschen Rückschlüssen führen. Und in Fällen wie diesen, den Sie vermeintlich ansprechen, auch schnell zu unausgegorenen Sachentscheidungen.
Da ich aber - trotz aller berechtigter Zweifel in Zusammenhang mit den verabschiedeten Rettungspaketen - die Maßnahmen für zwar schmerzhaft aber dennoch richtig halte, bin ich auch der Überzeugung, dass hierzu keine Alternative besteht. Somit fehlt meiner Meinung nach der negative Kontext ihres Vorschlages, der nötig wäre, um den Begriff zum Unwort des Jahres zu "küren".
Auch möchte ich Sie an dieser Stelle noch darauf hinweisen, dass es sich bezüglich der Rettungspakete lediglich um Bürgschaften handelt. Um die Stabilität des Euro zu gewährleisten, muss "neues" Geld auch wieder aus dem Markt genommen werden. Aufgrund der aktuellen Lage wird diese Maßnahme rasch in die Tat umgesetzt.
Ihre weiteren Fragen an mich habe ich m. E. n. bereits in dem von Ihnen angesprochenen Antworttext an Frau Kleen hinreichend dargestellt. Ich kann Ihnen hierzu also nichts Weiteres oder Neues mitteilen.
Wenn Sie aus meiner Antwort an Frau Kleen aber mangelnde Überzeugung in Bezug auf die Rettung Griechenlands und verschiedener systemrelevanter Banken lesen, so muss ich Sie darauf hinweisen, dass ich sehr wohl überzeugt bin von den notwendigen Handlungsschritten, die von der überwiegenden Mehrheit der Abgeordneten des Deutschen Bundestages beschlossen wurden.
Damit verbunden bin ich mir aber selbstverständlich darüber im Klaren, dass diese alternativlosen (!) Entscheidungen Folgen haben müssen. Die Regierungskoalition hat deshalb völlig zurecht auf weitgehende Reformen in Griechenland bestanden und darauf gedrängt, dass auch risikobehaftete Bankengeschäfte zum Vorteil der Millionen Sparerinnen und Sparer transparenter und verständlicher werden. Mit wahllosen Beschimpfungen ganzer Berufssparten, seien es Banker oder Politiker, kann niemandem geholfen werden! Entscheidend muss sein, aus Fehlern der Vergangenheit Rückschlüsse zu ziehen und zu lernen - dies hat meiner Ansicht nach die Politik mit ihrem Handeln bewiesen.
Mit freundlichen Grüßen
Steffen Bilger MdB