Stefan Wenzel
Stefan Wenzel
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Christian R. •

Frage an Stefan Wenzel von Christian R. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Guten Tag Herr Wenzel,

an Sie als Forstökonom stelle ich folgende Fragen:
Wird es mit Ihnen Windkraft im Wald geben und werden Sie der Windkraftlobby da nachgeben?
Wie wollen Sie die Konflikte lösen, die sich bei der von Ihrer Partei geplanten Ausweitung der erneuerbaren Energien (Fledermaus- und Rotmilantod durch Windräder, Agrarmonotisierung durch Biogas, Flächenproblematik bei Umstellung von Mais auf Blumenmischungen, die in Versuchen teilweise zu erheblichen Ernteausfällen geführt haben etc.)?
Glauben Sie, dass Naturschützer nicht von den Grünen enttäuscht sein werden, wenn das Ausmaß der Folgen der Energiewende in aller Deutlichkeit hervortreten wird?
Ich bedanke mich für ehrliche Antworten.

Stefan Wenzel
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Rossi,

Bei dem beabsichtigten Ausbau der Windenergie sollte man sich das Ziel etwas genauer vor Augen halten: Nach den Planungen des Windenergieerlassentwurfs würde sich die Zahl der Windräder von heute über 5.500 (Stand 2014) auf ca. 4.000 im Jahr 2050 reduzieren, die allerdings größer als heutige Anlagen sind. Mehr als verdoppeln soll sich die installierte Leistung von jetzt rd. 7.800 MW auf 20.000 MW. Wobei dann mit leistungsfähigeren und effizienteren Anlagen als heute mehr als dreimal so viel Strom produziert wird – sauberer Strom, wie er dringend für den Klimaschutz und die Energiewende gebraucht wird!

Weil wir dabei bleiben wollen, dass im Wald grundsätzlich keine Windenergieanlagen aufgestellt werden sollen, verfügt Niedersachsen über ein Flächenpotenzial von rund 18% der Landesfläche, die für die Windenergie theoretisch genutzt werden könnte. Diese Potenzialfläche ist gleichwohl nicht frei von Nutzungskonflikten, die eine Windenergienutzung u. U. ausschließen können. Wer große generelle Abstände von Windenergieanlagen verspricht – egal ob zur Wohnbebauung, im Gewerbe- oder Naturschutzinteresse – muss sich im Klaren sein, dass er die Potenzialfläche kürzt und damit die Konkurrenz der anderen Nutzungsinteressen mit der Windenergie auf den verbleibenden Flächen erhöht. Die örtlichen Entscheidungsträger, die die lokalen Verhältnisse weit besser kennen, als zentrale Entscheider in der Landeshauptstadt, wären bevormundet.

Deshalb baut der Windenergieerlass auf die Kompetenz der Kommunen, setzt auf ihre Ortskenntnisse und ihr Interesse an ausgewogenen Lösungen. - Das Land gibt mit dem Windenergieerlass Hilfestellung und Orientierung für eine rechtssichere Planung der Kommunen und damit zugleich für einen geordneten Ausbau der Windenergie.

Ebenso kann nur eine naturverträgliche Nutzung von Bioenergie einen sinnvollen Beitrag zur Energie- und Ressourcenwende leisten, um beispielsweise Schwankungen bei der Einspeisung von Wind- und Solarenergie auszugleichen. Zur Bereitstellung von Bioenergien sollte vorrangig das Potenzial an Abfall- und Reststoffen genutzt werden, wo immer dies aus energetischer und aus stofflicher Sicht sinnvoll erscheint.

Der landwirtschaftliche Anbau von Energiepflanzen ist im künftigen postfossilen Energiesystem in dem Umfang notwendig, wie der unverzichtbare Bedarf an Bioenergie den Beitrag aus Abfall- und Reststoffen übersteigt. Eine räumliche Konzentration sollte durch eine gleichmäßigere landesweite Verteilung entschärft werden.

Der landwirtschaftliche Anbau von Energiepflanzen muss so umgestellt werden, dass er sämtliche Kriterien einer zukunftsfähigen Landwirtschaft erfüllt. Die Förderung von neuen Biogasanlagen sollte sich künftig verstärkt auf Rest- und Abfallstoffe konzentrieren. Die landwirtschaftlichen Einsatzstoffe müssen diversifiziert werden: Weg vom Mais, hinzu Alternativen wie Blühpflanzen. Damit kann die Biodiversität auf dem Acker sogar verbessert werden.

Mit freundlichem Gruß,

Stefan Wenzel

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