Verliert Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit im Tourismus?
Sehr geehrter Herr Schmidt,
die Grünen haben gegen die Änderung des Umsatzsteuergesetzes gestimmt. Damit sollte auf den Verzehr von Speisen in Restaurants ein dauerhaft ermäßigter Umsatzsteuersatz von 7 % anfallen.
Die Umsatzsteuer auf Speisen trifft den Durchschnittsverdiener und besonders Familien hart.
Die Beherbergungsbetriebe haben erhebliche Nachteile im internationalen Wettbewerb.
Der ermäßigte Steuersatz für Speisen im Restaurant ist in der EU die Regel.
19 % Umsatzsteuer auf Speisen ist ein Förderprogramm für die Discounter Aldi, Lidl, …. Den Verpackungsmüll können andere beseitigen.
Aus finanziellen Gründen bietet sich ein Urlaub in der Türkei, Spanien, Griechenland, ... mit einem wesentlich höheren CO₂-Fußabdruck an. Dort sind die Kosten für Personal, Energie und Steuern deutlich niedriger.
Oder Urlauber entscheiden sich für unsere schwimmenden Steueroasen Mein Schiff, Aida, …, dort fällt keine Umsatzsteuer an.
Noch machen 29 % Urlaub in ihrer Heimat Deutschland.
![Stefan Schmidt Portrait von Stefan Schmidt](/sites/default/files/styles/politician_teaser_xsmall/public/politicians-profile-pictures/stefanschmidtquadrat.jpg?itok=FPuHSB2w)
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Frage.
Der Tourismus in Deutschland boomt wie nie zuvor: 2024 haben wir in Deutschland mehr Übernachtungen gezählt als im bisherigen Rekordjahr 2019 – so die Zahlen des statistischen Bundesamtes. Gleichzeitig ist Deutschland nach wie vor das beliebteste Reiseland der Deutschen – auch das bestätigen offizielle Zahlen.
Ich freue mich sehr, dass die Tourismusbranche die harte und schwierige Corona-Zeit hinter sich gelassen hat und wieder floriert. Dazu hat auch die umfangreiche staatliche Unterstützung beigetragen, z.B. die Corona-Hilfen und die zeitlich befristete Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie.
Wir Grüne haben den Gesetzentwurf von CDU/CSU zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes abgelehnt, weil er keine Antwort darauf gibt, wie die dauerhafte Reduzierung der Umsatzsteuer, die den Haushalt von Bund und Ländern pro Jahr mit 3,4 Milliarden Euro belasten würde, gegenfinanziert werden soll. Als verantwortungsvolle Abgeordnete konnten wir so einen halbgaren Gesetzentwurf nicht unterstützen. CDU/CSU hatte auch kein Interesse an einer dauerhaften Reduzierung, denn die damalige CDU/CSU-geführte Bundesregierung hat ja gezielt die befristete Absenkung der Umsatzsteuer beschlossen. Auch im aktuellen Wahlprogramm bleibt die Union schuldig, wie sie insgesamt 100 Milliarden Euro Mindereinnahmen ausgleichen will. Ich bin grundsätzlich aufgeschlossen hinsichtlich einer umfassenden Reform der Umsatzsteuer, die aus vielen Gründen geboten wäre. Ich hoffe, dass die kommende Bundesregierung die Reform angeht, damit die vielen Ausnahmen und Unklarheiten im Umsatzsteuersystem beseitigt werden.
Was die Gastronomie dringend braucht, um dauerhaft wettbewerbsfähig zu bleiben, sind Erleichterungen bei der Bürokratie und deutlich mehr Arbeits- und Fachkräfte – das höre ich regelmäßig von der DEHOGA, mit der ich regelmäßig im Austausch bin. Deswegen fokussieren wir Grüne uns auf den konsequenten Bürokratieabbau. Der Praxis-Check hat sich hier als hilfreiches und zielführendes Instrument erwiesen, das wir fortführen wollen. Um die Arbeitskräfte für die Tourismusbranche zu sichern, wollen wir die Arbeitskräftezuwanderung erleichtern und Anreize insbesondere für Frauen und ältere Menschen setzen.
Ich wünsche Ihnen weiterhin alles Gute!
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Schmidt