Gefährdet die Steuerpolitik Deutschlands Tourismusbranche?
Sehr geehrter Herr Schmidt,
die Grünen haben gegen die dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer für Speisen in Restaurants gestimmt. Die Erhöhung auf 19 % belastet Durchschnittsverdiener und benachteiligt die Gastronomie im internationalen Wettbewerb. In vielen EU-Ländern gilt weiter ein ermäßigter Satz. Während Discounter profitieren, kämpfen Restaurants ums Überleben.
Viele Deutsche weichen auf günstigere Urlaubsziele oder steuerfreie Kreuzfahrten aus. Der Inlandstourismus leidet.
Laut DEHOGA steht das Gastgewerbe unter Druck, während nur wenige Ballungsräume profitieren. Wie rechtfertigen Sie Ihre Aussage, dass die Branche floriert?
Finanzierungsvorschlag:
Sie lehnen die Steuersenkung mit Verweis auf Gegenfinanzierung ab. Gleichzeitig verliert der Staat Milliarden durch Cum-Ex- und Cum-Cum-Geschäfte.
Warum fehlen wirksame Maßnahmen gegen Steuertricks?
Wieso wird Steuerhinterziehung nicht konsequenter verfolgt?
Warum gibt es keine strengere Regulierung für Finanzkonzerne?
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre weitere Frage.
Die offiziellen Zahlen zum Deutschlandtourismus können nicht bestätigen, dass der Inlandstourismus leidet. Im Gegenteil: Laut den Zahlen des Statistischen Bundesamtes verzeichnet der Inlandstourismus in Deutschland 2024 ein neues Rekordjahr – insbesondere dank überproportional mehr Übernachtungen deutscher Gäste (siehe https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2025/02/PD25_053_45412.html#:~:text=WIESBADEN%20%E2%80%93%20Die%20Tourismusbranche%20in%20Deutschland,G%C3%A4ste%C3%BCbernachtungen%20einen%20neuen%20Rekord%20aufgestellt).
Bei der Problematik der Steuerhinterziehung bin ich ganz auf Ihrer Seite: Steuerhinterziehung und Manipulationen im Finanzmarkt sind ein riesengroßes Problem und kosten unser Land Milliarden von Euro. Wir Grüne wollen Steuerhinterziehung konsequent bekämpfen, damit Betrugsfälle wie Cum-Ex und Cum-Cum oder organisierte Steuerkarusselle der Vergangenheit angehören. Dafür wollen wir die Finanzaufsicht stärken und zuverlässige Prüfungen gewährleisten. Dazu gehört, die Kapazitäten und Kompetenzen zur Verfolgung schwerer Finanz- und Steuerkriminalität auf Bundesebene deutlich zu steigern. Wir wollen die Behörden so ausstatten, dass sie frühzeitig ermitteln können, damit Steuerstraftaten nicht verjähren. Dabei hilft auch mehr Transparenz zu Unternehmenssteuern und – oft verschachtelten und verschleierten – Eigentumsverhältnissen. Auch im Steuervollzug wollen wir bessere Kapazitäten schaffen. Letztlich wollen wir auch prüfen, inwiefern bestimmte Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung zu einem Verbrechen heraufgestuft werden können.
Ich sehe aber auch die Bundesländer in der Verantwortung: Dort fehlt es häufig erheblich an Steuerfahnder*innen und weiterem Vollzugspersonal. Und ich weiß aus zahlreichen Gesprächen gerade auch mit der Branche, dass die ehrlichen Betriebe sich dadurch als die dummen fühlen, weil die schwarzen Schafe sich einen erheblichen Wettbewerbsvorteil verschaffen und gleichzeitig der öffentlichen Wahrnehmung der Branche schaden. Das dürfen wir nicht weiter hinnehmen. Deswegen sind Bund und Länder gleichermaßen gefordert.
Viele Grüße
Stefan Schmidt