Drucksache 20/899 - zur Impfpflicht, die auch Sie unterschrieben haben: Sollte es nicht zu Neuwahlen kommen angesichts eines Bruchs von Zusicherungen des Bundeskanzlerstellvertreters Habeck?
Ihr ex-Bundesvorsitzender und Bundeskanzlerstellvertreter Habeck im letzten Sommer: "In dem Moment, wo allen Menschen ein Impfangebot gemacht worden ist, sieht Solidarität so aus: Man muss sich nicht impfen lassen, aber kann nicht damit rechnen, dass alle anderen auf ihre Freiheit verzichten, weil man sich nicht hat impfen lassen" https://www.sueddeutsche.de/politik/corona-impfpflicht-deutschland-impf…
Sie treten nun für das Gegenteil ein (s. Gesetzesvorschlag 20/899). Es gibt aber Verantwortung gegenüber der Wähler:In: sich bei solch wichtigen Grundrechtsfragen an die Aussagen der eigenen Partei zu halten vor und nach der Wahl. Nur dann kann die Wähler:In so votieren, dass ihr Wählerwille auch berücksichtigt wird - gerade wenn es um ihre Grundrechte geht.
Sollte es nicht zu Neuwahlen kommen bei einem solchen gravierenden Bruch von Zusicherungen des damaligen Bundesvorsitzenden vor den Wahlen bei einem so wichtigen Frage zu unseren Grundrechten?
Sehr geehrte Frau L.,
die von Ihnen genannte Aussage von Robert Habeck aus einem Artikel der Süddeutschen Zeitung datiert auf Juli 2021. Zu dieser Zeit gab es weder eine Omikron-Variante noch eine staatsweite Inzidenz von über 1600. Es war Bundestags-Wahlkampf, zu dem wir Grüne ein Wahlprogramm erstellt hatten: https://cms.gruene.de/uploads/documents/Wahlprogramm-DIE-GRUENEN-Bundestagswahl-2021_barrierefrei.pdf
Ab S. 116 finden Sie den Abschnitt „Für Pandemien gewappnet sein“. Dort heißt es u.a.: „Um Pandemien zukünftig effektiv und nachvollziehbar zu bekämpfen, sollen Stufen zur Eindämmung von Pandemien im Infektionsschutzgesetz definiert, Pandemieschutzpläne aktualisiert und soll ein unabhängiger und interdisziplinärer Pandemierat eingerichtet werden. Getroffene Maßnahmen müssen evidenzbasiert und verhältnismäßig sein.“
Aktuell gilt der Koalitionsvertrag als Richtlinie für die Zusammenarbeit der drei Regierungsparteien: https://cms.gruene.de/uploads/documents/Koalitionsvertrag-SPD-GRUENE-FDP-2021-2025.pdf
Dort heißt es auf S. 4: „Wir übernehmen Verantwortung in einer Zeit, in der die Corona-Pandemie das Land weiter stark belastet. Sie bedeutet für viele großes Leid, geht einher mit existenziellen Sorgen und verlangt allen erhebliche Einschränkungen ab. Die Pandemie zu besiegen, ist in diesen Tagen unsere vordringlichste Aufgabe, der wir uns mit voller Kraft widmen. Die notwendigen Schutzmaßnahmen umzusetzen und einen umfassenden Impfschutz voranzutreiben, ist eine gesamtstaatliche und gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“
Dies sind die Aussagen unserer Partei bzw. der Koalition zum Thema Impfschutz. Sie stehen nicht im Gegensatz zur Aussage von Herrn Habeck im Artikel der Süddeutschen. Ebenso wird die Notwendigkeit einer Impfpflicht-Einführung nirgends ausdrücklich ausgeschlossen.
Uns Grünen ist weiterhin bewusst, dass alle Maßnahmen ein Eingriff in die individuellen Freiheitsrechte der Menschen sind, darum sind sie jedes Mal aufs Neue auch im Hinblick auf die aktuelle Infektionslage sorgfältig abzuwägen. Allerdings beobachten wir derzeit, dass die Zahl der Infektionen nicht sinkt, sondern erneut steigt.
Deshalb legen wir als Grüne Bundestagsfraktion großen Wert darauf, dass die wichtigsten Schutzmaßnahmen (Maskenpflicht und Testpflicht) erhalten bleiben, vor allem dort, wo Menschen am Verwundbarsten sind: in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Kindertagesstätten etc.
Wir führen im Bundestag eine sehr gründliche Debatte über die Impfpflicht und darüber, welche freiheitlichen Aspekte und Schutzbedürfnisse dabei zu betrachten sind. Ich bin davon überzeugt, dass eine Impfpflicht der beste Weg ist, um die Pandemie schnell hinter uns zu bringen.
Meine Rede zur Orientierungsdebatte zur Impfpflicht vom 26. Januar können Sie hier nachlesen: https://www.schmidt-oberpfalz.de/index.php/meine-themen/allgemein/meine-rede-zur-orientierungsdebatte-impfpflicht-am-26-januar
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Schmidt