Frage an Stefan Schmidt von Martin S. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Reaktionen der deutschen Bundesregierung zu den Protesten in Belarus
Sehr geehrter Herr Schmidt,
derzeit ist jeden Tag über die friedlichen Proteste in Belarus in den Medien zu hören. Zehntausende sind täglich auf den Straßen. Die Staatsmacht unter Alexander Lukaschenko geht mit alle Härte dagegen vor.
Wie ist ihre Einstellung dazu? Wie kann die Demokratiebewegung von Deutschland und der EU unterstützt werden?
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihr Interesse an den Demonstrationen in Belarus. Ihre Frage greift meiner Meinung nach ein überaus wichtiges Thema auf.
Seit der Präsidentschaftswahl in Belarus sind nun über 100 Tage vergangen und noch immer sitzen tausende Oppositionelle zu Unrecht im Gefängnis. Die Zivilgesellschaft steht unter großem Druck.
Wir Grüne im Bundestag setzen uns für umfassende, konkrete Hilfe für die Zivilgesellschaft und für scharfe Sanktionen gegen Diktator Lukaschenka und die autoritäre Führung des Landes ein.
Insbesondere brauchen politisch Verfolgte, Studierende und unabhängige Journalistinnen und Journalisten schnelle und wirksame Unterstützung. Wir fordern ein Ende der Gewalt, die Freilassung aller politischen Gefangenen und Neuwahlen.
Die Bundesregierung hat lange nur sorgenvoll nach Belarus geblickt und sich erst auf unseren Druck hin zu einer klaren Positionierung in Form eines gemeinsamen Antrags bereit erklärt, worüber auch die Süddeutsche Zeitung am 6.10.2020 berichtet hat: https://www.sueddeutsche.de/politik/berlin-hilfe-belarus-opposition-1.5054673
Mit einem interfraktionellen Antrag setzten wir ein deutliches Zeichen, dass der Bundestag fest an der Seite der demokratischen Opposition in Belarus steht. Sie finden den Antrag hier: https://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/19/239/1923943.pdf
Eine klare Sprache spricht der Antrag auch in Bezug auf das Lukaschenka-Regime. So wird der Bundestag die gefälschte Präsidentschaftswahl von August 2020 und damit auch Diktator Lukaschenka nicht als Präsidenten anerkennen. Er greift die bereits im September von uns erhobene Forderung auf, Lukaschenka, sein direktes Umfeld und weitere Verantwortliche für Gewalt und Wahlfälschungen auf die Sanktionsliste der Europäischen Union zu setzen. Alle politischen Gefangenen müssen sofort freigelassen, die Gewalt beendet und freie und faire Neuwahlen durchgeführt werden. Dass der Antrag nicht ebenso klar die demokratiefeindliche Rolle des Kremls in Belarus benennt, bedauern wir sehr. Ohne Putin könnte Lukaschenka seinen harten Repressionskurs nicht durchhalten. Für uns ist klar: Weder Lukaschenka, noch Putin können in Europa Partner sein.
Viel zu lange hat die Bundesregierung geschwiegen. Wir erwarten, dass sie den Forderungen im Antrag nun rasch Taten folgen lässt. In den laufenden Haushaltsberatungen des Bundestags muss sie jetzt endlich liefern und anschließend die Maßnahmen rasch in die Tat umsetzen.
Anfang Oktober war die belarusische Oppositionsführerin Swjatlana Zichanouskaja, zu Gast bei uns Grünen im Bundestag. Ohne den Mut von ihr, Maryja Kalesnikawa, Weranika Zapkala und vielen tausenden belarusischen Frauen, sich einem zutiefst patriarchalischen System zu widersetzen, wären die von einem breiten Bündnis getragenen Proteste nicht denkbar. Zichanouskaja bat um internationale Unterstützung für die Demokratiebewegung in Belarus und konkrete Hilfe aus demokratischen Staaten. Wir freuen uns, dass der Bundestag diese Bitte nun aufgreift. Die Menschen in Belarus erwarten zu Recht Solidarität.
Ich wünsche Ihnen alles Gute!
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Schmidt